13.11.2015, Rust – Die 36. burgenländische Herbsttagung fand auch dieses Jahr, wie gewohnt, im Seehotel Rust am idyllischen Neusiedlersee statt. Nicht nur das Wetter zeigte sich von seiner schönsten Seite, auch die Universitätszahnklinik Wien präsentierte sich mit ihren Vortragenden unter dem Motto „Zukunft Zahn“ im besten Licht, denn die Themen erstreckten sich mit neuesten Updates über fast alle Fachbereiche.
Ein Bericht von Dr. med. dent. Marlene Schmidinger
Sinusbodenelevation reloaded – angefangen mit dem chirurgischen Teil von Univ.-Prof. DDr. Christian Ulm (Wien), der den vor 35 Jahren erstmals beschriebenen Sinuslift unter Berücksichtigung der neuesten Studien genauer unter die Lupe nahm. Die wichtigsten Faktoren für den erfolgreichen Sinuslift sind mit Sicherheit die Qualität und Quantität des Knochens, sowie die Faktoren Alter und Geschlecht des Patienten. Festzuhalten ist, dass je höher und dichter der eigenständige Knochen des Patienten unterhalb des Sinuslifts ist, desto größer ist die Menge des neugebildete Knochen im augementierten Bereich. Dabei wurde der transcrestale Sinuslift besonders hervorgehoben, da dieser mit weniger Aufwand und deutlich schneller als der externe Sinuslift durchgeführt werden kann. Allerdings sollte die Tatsache, dass ein Minimum an Restknochen von 5 mm die Voraussetzung für den transcrestalen Sinuslift ist, berücksichtigt werden. Die Überlebensrate von Implantaten nach einem internen Sinuslift betrug bei einer Restknochenhöhe von über 5 mm ganze 98,5 %. Somit steht fest, der transcrestale oder interne Sinuslift wird in Zukunft sicherlich an Bedeutung gewinnen!
3D Navigationsschiene – Die navigierte Implantation im Lückengebiss wurde beeindruckend von Univ.-Prof. DDr. Werner Zechner (Wien) dargestellt. Hierbei sprechen wir von einer Erfolgsraten von 97 % bei Implantationen mit Navigationsschiene im ortsständigen Knochen. Die frühere Limitation der Schablonen in Einzelzahnbereichen bei unter 6 mm gehören der Vergangenheit an, durch die 3D – Planung ist es möglich, viel geringere Lücken zu versorgen. Die Schablonen werden auf Situationsmodellen, welche digitalisiert werden, hergestellt und sind somit nur noch rein zahngestützte Schablonen. Der größte Vorteil stellt aber sicherlich die atraumatische Implantation, vor allem bei antikoagulierten oder medizinisch kompromittierten Patienten, dar.
Sofortimplantation und Sofortbelastung – Laut Umfragen fanden im Jahr 2007 bis zu 20 % der Implantologen eine Sofortimplantation schwierig. Heute, im Jahr 2015, können wir durch viele Studien, die sich mit diesem Thema auseinander gesetzt haben, neue Erkenntnisse ziehen. Univ. –Prof. DDr. Gabor Tepper (Wien) stellt klar, dass die Voraussetzung für die Sofortimplantation immer die sanfte Zahnextraktion sein muss, bei der die bukkale Knochenlamelle nicht zerstört wird. Die Sofortimplantation in der OK-Front stellt bis heute die größte Herausforderung dar. Die Gefahr des Knochenabbaus nach einer Extraktion in der Alveole kann durch die Überlegung einer Sofortimplantation gebannt werden. Zur Sofortbelastung muss gesagt werden, dass immer eine Primärstabilität gegeben sein soll.
Biopsie pathologischer Veränderungen – Ein schwieriges Themas, aber sehr charmant vorgetragen von Priv-Doz. DDr. Gabriella Dvorak, die den Zahnärzten wieder einmal in Erinnerung ruft, wie wichtig die Früherkennung in der Mundhöhle des Patienten ist. Die wichtigsten klinischen Alarmsignale sind eine Zahnlockerung ohne parodontale Probleme, Pigmentierung, Inhomogenität, Erosionen und Ulzerationen, aber vor allem eine fehlende Schmerzhaftigkeit bei Induration und Progression der Läsion. Der Zahnarzt hat 4 Wochen Zeit, um durch ein Ausschlussverfahren wie Abschleifen scharfer Kanten oder Prothesenkarenz, die verdächtige Veränderung zu therapieren. Danach muss eine Biopsie stattfinden, dies kann aber auch an die Mundschleimhautambulanz der Wiener Zahnklinik überwiesen werden.
Die schwangere Patientin – Univ.-Prof. Dr. Martin Ulm (Wien) hat rund um das Thema Schwangerschaft aufgeklärt. Noch immer haben viele Zahnärzte eine gewisse Furcht eine schwangere Patientin zu behandeln, doch genau diese Angst soll durch klare Anweisungen genommen werden. Vorab muss gesagt werden, dass das Basisrisiko einer Fehlbildung des Kindes von 2 % in jeder Schwangerschaft gegeben ist. Die sensible Phase der Fehlbildungen ist zwischen der 5. und 13. Schwangerschaftswoche. Die Zahnschmerzen sollten einer Schwangeren aber auf jeden Fall genommen werden, da durch die Ausschüttung von Prostaglandine eine Frühgeburt ausgelöst werden kann. Das Mittel der Wahl ist hierfür Paracetamol mit einer möglichst niedrigen Dosierung. Ein Röntgenbild kann durchaus auch bei Schwangeren mit einer Bleischürze durchgeführt werden, wenn es die Indikation erfordert. Das Unterlassen einer therapeutischen Behandlung kann das größere Risiko darstellen, als die Behandlung selbst.
Laser in der Endodontie – Der Enterococcus faecalis ist einer der restistentesten Keime in der Wurzelkanalflora des gangränosen Zahnes und bedarf somit einer besonders intensiven Behandlung. Nur die Eliminierung aller pathogenen Keime im Wurzelkanal führt zu einer erfolgreichen Wurzelkanalfüllung. Univ.-Prof. DDr. Andreas Moritz (Wien) hat die Lasertherapie in der Endodontie vorgestellt. Die Wellenlänge ist bei diesem Verfahren entscheidend, so ist zum Beispiel der Diodenlaser bei der endodontischen Therapie sehr effektiv. Wenn nun der E. faecalis mit einem solchen Laser bestrahlt wird, kommt es sogar bis zu 0,5 mm im Dentin zu einer Anschwellung der Zellen bis hin zur Zellzerstörung des Keimes.
Kinderzahnheilkunde Update – Kinder sind eben doch keine kleinen Erwachsenen und daher müssen diese auch in der Behandlung anders betreut werden. Univ.-Prof. Dr. Katrin Bekes (Wien) stellte das Konzept „Tell-Show-Do“ vor, welches bei jeder Kinderbehandlung durchgeführt werden sollte. Hierbei wird dem Kind zuerst erzählt, wie die Behandlung ablaufen wird. Hierbei werden Wörter wie Schlafwasser (=Anästhesie) oder Krabbler (=Bohrer) verwendet. Danach wird dem Kind anhand einer Puppe gezeigt, wie der Ablauf der Behandlung funktioniert. Erst nach diesen Schritten findet die eigentliche Behandlung statt. Karies ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter, bei der es darum geht den vorzeitigen Verlust der Milchzähne in jedem Fall zu vermeiden.
Die Highlights abseits der Herbsttagung waren sicherlich die Aussteller, die sich in einem kleinen, aber feinen Kreis präsentierten. Ein reger Austausch zwischen Zahnärzten und Aussteller war dadurch noch besser möglich! Natürlich durfte als krönender Abschluss das obligatorische Galadinner nicht fehlen, bei dem ein informativer und interessanter Tag sein Ende fand. Alles in allem ist Rust auf jeden Fall eine Reise wert!