In diesem Interview geht es um das Schweizer Implantatsystem Patent, das über eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen verfügt. Es ist zweiteilig, kommt bewusst ohne Schraubverbindung aus, und ist bereits seit über 20 Jahren im klinischen Einsatz – ein langer Zeitraum, in dem Anwender keinen einzigen Periimplantitis-Fall mit diesem System berichtet haben. Das deckt sich mit den Ergebnissen universitärer Langzeitstudien aus Düsseldorf und Graz. All das klang so spannend, dass ich den Patent Gründer und CEO Marco Waldner zum Interview eingeladen habe.
Oliver Rohkamm: Ist es mit eurem Implantatkonzept wirklich möglich, Periimplantitis vollständig zu vermeiden?
Marco Waldner: Ja. Wir haben die Technologie genau aus diesem Grund gekauft. Der Erfinder war selbst Implantologe und hatte trotz langjähriger Erfahrung mit steigenden Periimplantitis-Fällen zu kämpfen. Da sich das Problem mit den vorhandenen Systemen nicht in den Griff kriegen ließ, hat er selbst eines entwickelt. Aber nicht nur das: Er hat ein umfassendes implantologisches Konzept entworfen, das die Voraussetzung für langfristige Gewebestabilität und Performance schafft.
O.R.: 2019 hast du diese Technologie akquiriert und unter dem Brandnamen Patent marktfähig gemacht. Was hat dich daran fasziniert?
M.W.: Dieses System hat in der Praxis und in Studien Ergebnisse erzielt, die keiner für erzielbar gehalten hat. Das fanden wir erstaunlich und haben uns gefragt, wie so etwas überhaupt möglich ist. Um das zu beantworten, haben wir Forscher und Experten zur Evaluierung und Analyse hinzugezogen. Das Ergebnis der Langzeitstudien aus Düsseldorf und Graz: Patent Implantate zeigen über lange Zeiträume hinweg tatsächlich keine Periimplantitis. Die Erklärung der Ergebnisse führt automatisch über das Weichgewebe, wo Patent seinen größten Vorteil hat. Die Weichgewebsschichten lagern sich auf einzigartige Weise an der Implantatoberfläche an. Das Resultat ist eine starke Verteidigungsbarriere gegen Bakterien – und folglich keine Periimplantitis.
O.R.: Wie wird diese einzigartige Weichgewebsanheftung erreicht?
M.W.: Der Entwickler von Patent hat die Oberflächen von Zementum und Zahnschmelz analysiert und festgestellt, dass diese strukturiert sind. Also wusste er, dass seine Implantatoberfläche auch strukturiert sein muss. Durch zellbiologische Untersuchungen hat er die optimalen Oberflächenstrukturierungen im enossalen und transmukosalen Bereich bestimmt, die benötigt werden, um die bestmögliche Adhäsion von Knochen- und Weichgewebe und folglich die höchste Einheilwahrscheinlichkeit zu erzielen. Da dies mit den vorhandenen Technologien nicht umsetzbar war, hat er ein neuartiges Verfahren entwickelt und patentieren lassen.
„Die Ergebnisse der Langzeitstudien sind wissenschaftliche, unabhängig erhobene Fakten!“
O.R.: Zahnärzte, die sich zum ersten Mal mit eurem System beschäftigen, sind erstmal kritisch, oder?
M.W.: Verständlich. Stand heute ist Periimplantitis immer noch das größte Problem in der dentalen Implantologie – da sind sich alle Experten einig. Der Periimplantitis-Trend zeigt deutlich nach oben. Da scheint es zu schön um wahr zu sein, dass ein Implantatkonzept Periimplantitis komplett vermeiden kann. Allerdings haben wir mittlerweile zwei Langzeitstudien, die genau das belegen. Die Studienergebnisse sind keine Meinungen, sondern wissenschaftliche, unabhängig erhobene Fakten. Daten sind Daten.
O.R.: Ihr werdet oft auf das Material reduziert. Für dich liegt der Erfolg von Patent aber nicht nur am Material Zirkonoxid, sondern am Gesamtkonzept?
M.W.: Das Material allein ist nicht die Lösung. Wenn dem so wäre, würden andere Systeme aus diesem Material auch weniger Periimplantitis haben. Das ist das aber nicht der Fall. Das Material ist nur ein Baustein in unserem Gesamtkonzept und genauso wichtig wie beispielsweise die Oberflächenstruktur im transmukosalen Bereich. Genauso wichtig ist auch das Implantatdesign: Der Entwickler hat die Datenlage der letzten dreißig Jahre analysiert und festgestellt, dass Tissue-Level klare biologische Vorteile gegenüber Bone-Level hat und dass die biologische Langzeitperformance umso besser ist, je weiter der Mikrospalt vom krestalen Knochenniveau entfernt ist. Diese Erkenntnisse hat er pragmatisch in seinem System umgesetzt.
O.R.: Inwieweit muss sich ein Zahnarzt umstellen, der von einem anderen System zu Patent wechselt?
M.W.: Jedes System ist anders – so auch Patent. Die Spezifikationen des Protokolls und des Implantatsystems müssen erlernt und verstanden werden. Deshalb sind ausführliche Schulungen für unsere Anwender verpflichtend. Ziel beim Eindrehen muss beispielsweise sein, die Vitalität des Knochens durch minimale Kompression zu erhalten, um eine unverzögerte Einheilung zu gewährleisten und Knochenremodellierung zu minimieren. Das schafft die Voraussetzung für langfristig stabile Hart- und Weichgewebe. Um das zu erreichen, werden Patent Implantate mit niedrigem Drehmoment eingesetzt. Das ist ein Ansatz, den man aus den Neunziger Jahren kennt. Der Trend ging die letzten Jahre allerdings in die andere Richtung, zu aggressiven Torques, weil man vermehrt sofortversorgen wollte. Im Gegensatz zu verschraubten Systemen braucht man bei Patent aber keine hohen Torques, um sofortversorgen zu können: Man setzt das Implantat mit geringem Drehmoment ein, wartet fünfzehn Minuten, zementiert dann den Glasfaserstift als prothetisches Retentionselement und präpariert diesen und versorgt anschließend mit der provisorischen Krone. Dass Patent unter solchen Bedingungen vorhersagbar einheilt, wurde wissenschaftlich nachgewiesen: Glauser und Schüpbach fanden bei Patent Implantaten im Tiermodell nach nur vier Wochen einen Knochen-Implantat-Kontakt von über 70% – ein deutlich höherer Wert als bei allen anderen dokumentierten Systemen.
O.R.: Erst kürzlich habt ihr Langzeitdaten über bis zu 12 Jahre präsentiert. Was ist das Besondere an dieser Studie?
M.W.: Aus der Düsseldorfer Studie wussten wir, dass Patent Implantate im strengen Studienumfeld nach neuneinhalb Jahren keine Periimplantitis aufwiesen. Wir wussten aber nicht, wie es im täglichen Praxisumfeld aussieht. Dr. Sofia Karapataki hat mit der Universität Graz genau das herausgefunden. Bis auf ein Mindestalter von 18 Jahren gab es hier keine Ausschlusskriterien. Ergo wurden auch Alltagspatienten mit Allgemeinerkrankungen und starke Raucher aufgenommen. Das Erstaunliche: Auch bei diesem herausfordernden Patientenpool wurde keine Periimplantitis gefunden. Zudem waren die Perimukositis-Raten mit rund 8% auf Patientenebene extrem niedrig. Das zeigt, dass Patent selbst unter widrigen Umständen langfristig, nahezu frei von jeglicher Entzündungsreaktion funktioniert
O.R.: In solch langen Studienlaufzeiten kann es aber trotzdem anderweitige Komplikationen geben, wie z.B. Frakturen der Krone oder des Abutments?
M.W.: Das kann natürlich vorkommen. Allerdings berichtet diese Studie auch keinerlei prothetische Komplikationen. Im Allgemeinen ist das Risiko für mechanische oder prothetische Komplikationen bei korrektem Befolgen unseres Konzepts sehr gering. Mittlerweile liegt die gesamte prothetische Komplikationsrate bei unter 1% pro Jahr – ein extrem niedriger Wert, der auch auf die systematische Schulung unserer Behandler zurückzuführen ist.
O.R.: Für welche Zahnärzte würdest du die Anwendung besonders empfehlen?
M.W.: Für die, die bestmögliche Implantatversorgungen mit der neusten Technologie erzielen wollen. Das sind in der Regel auch die Behandler, die offen dafür sind, an unseren intensiven Schulungen teilzunehmen, das Gesamtkonzept des Systems zu erlernen und zu verstehen, es regelmäßig anwenden und die bereit sind, ihre grundlegende Herangehensweise an die Implantologie zu hinterfragen und wenn nötig anzupassen.