StartMeinungDer erwartete Streit um's Geld ist da

Der erwartete Streit um’s Geld ist da

Worum es bei der Auseinandersetzung zwischen ÖGK und Zahnärztekammer wirklich geht

Mit 1.1.2025 endet der Einsatz von Amalgam in der EU. Nicht ganz. In Wirklichkeit wurde Amalgam natürlich schon die letzten Jahrzehnten kaum noch verwendet, denn die meisten Patienten störten sich an der dunklen Farbe des Billigfüllungsmaterials und zahlten je nach Füllungsgröße auf, um eine der begehrten weißen Kompositfüllungen zu erhalten. Das war lange Zeit eine sogenannte Win-Win-Win Situation zwischen Kassen, Patient und Zahnarzt. Der Patient war zufrieden mit der Farbe, die Kasse war zufrieden, weil sie nur einen Minimalbetrag zahlen musste und der Zahnarzt war zufrieden, denn er konnte seinen Deckungsbeitrag durch die Aufzahlung geschickt unterbringen. Doch ab sofort ist alles anders. Egal, ob Komposit oder Glasionomer die Amalgamnachfolger werden: Tatsache ist, die Farbe der zukünftigen Füllung wird immer weiß sein und viele Patienten werden keinen Sinn mehr darin sehen auf ein ev. noch besseres Material aufzuzahlen. Die Argumentation der Kammer ist erschreckend: „Zahlt die Kasse nun schöne, stabile Füllungen, entfalle den Zahnärzten eine Einkommensquelle.“ Die Einkommensquelle der Kassenzahnärzte ist ja der Kassenvertrag an sich. Wenn sich Produkte oder Technologien ändern, kann kein Marktteilnehmer sein individuelles Risiko auf andere abwälzen.

Aufgabe der Verhandler wäre es aber in der Tat für Kassentarife zu sorgen, die es dem Zahnarzt möglich machen, profitabel zu sein, aber die Kassen nicht zu überlasten

Natürlich muss sich auch die ÖGK bewegen, aber sie wird auf keinen Fall in voller Höhe für die erwarteten Einkommensverluste der Kassenzahnärzte aufkommen können. Und schon gar nicht für die Umsatzverluste der Wahlzahnärzte, des Handels und der Dentalmedienbranche. Denn auch die werden Veränderungen spüren, wenn weniger teure Komposite gekauft und weniger beworben werden.

Was also tun? Zunächst einmal sollte man sich frei davon machen, wie es die letzten Jahrzehnte gelaufen ist. Denn alles hat seine Zeit. Die Kasse hat lange Zeit Beträge für Füllungen vergütet, die nicht kostendeckend waren. Das muss 2025 anders werden. Die Zahnärzte hingegen hatten mit der Aufzahlung einen Deckungsbeitragsbringer, den es im neuen Jahr so nicht mehr geben wird. Das ist zu akzeptieren.

Niemand hat eine Garantie jahrzehntelang das gleiche Geschäftsmodell fahren zu können und jedes Jahr die gleichen Umsätze einfahren zu können

Diese Umsätze sind ab 2025 zu einem erheblichen Teil Geschichte. Dafür ist in den letzten Jahrzehnten die Prophylaxe als neues, profitables Geschäftsmodell entstanden und – nicht zu vergessen – der Boom der KFO durch die Aligner, was vielleicht in den einen oder anderen Praxen zu Umsatzsteigerungen geführt hat. Das wird auch der Zahnärztekammer nicht verborgen geblieben sein.

Doch es gäbe natürlich auch noch eine andere Möglichkeit, wenn beide Seiten stur bleiben und sich nicht auf neue Tarife einigen und zwar eine zulasten der Patienten. Dann könnten Zahnärzte weiter ihre aktuellen Preise verrechnen, nur die Patienten müssten sich ihren Teil selbst von ihrer Kasse zurückholen, falls sie sich nicht gleich direkt im Ambulatorium behandeln lassen wollen. Es bleibt natürlich die Frage, wieviel der Patienten direkt zur Kasse gehen und wieviel trotzdem weiterhin zu ihrem Zahnarzt gehen und aufzahlen.

Es bleibt spannend.

Oliver Rohkamm
Oliver Rohkamm
Immer auf der Suche nach neuen zahnmedizinischen Innovationen. Hat ein Faible für alles, was mit dem digitalen Workflow in der Zahnmedizin zu tun hat. Zusätzlich interessiert er sich für Computer und alles was zwei Räder hat. In der Freizeit ist er vor allem auf dem Motorrad, Rennrad oder Mountainbike zu finden.
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