Das Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vom 10.09.2024 (10 Ob S 54/24z) befasst sich mit der Frage, ob die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) einem Versicherten einen Kostenzuschuss für eine von einer Prophylaxeassistentin durchgeführte Parodontalbehandlung leisten muss oder nicht. Der OGH hat entschieden, dass die ÖGK keinen Kostenzuschuss leisten muss, da die Behandlung der Parodontitis Grad 3 und 4 ausschließlich den Zahnärzten vorbehalten ist und nicht von einer Prophylaxeassistentin durchgeführt werden darf.
Der Kläger litt an einer Parodontitis Grad 3 und 4, die eine Parodontalbehandlung erforderte. Die Behandlung wurde von der Prophylaxeassistentin des Zahnarztes durchgeführt.
Die ÖGK lehnte den Antrag des Klägers auf Kostenzuschuss ab, da die Parodontalbehandlung nur von Zahnärzten durchgeführt werden dürfe. Die Vorinstanzen gaben noch dem Kläger Recht und verpflichteten die ÖGK zur Leistung eines Kostenzuschusses, doch der OGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies das Klagebegehren ab.
Zentrale Punkte des Urteils:
- Der OGH stellt klar, dass die Behandlung einer Parodontitis Grad 3 und 4 eine zahnärztliche Behandlung ist und nicht in den Tätigkeitsbereich einer Prophylaxeassistentin fällt.
- Prophylaxeassistentinnen dürfen nur prophylaktische Maßnahmen durchführen, während die Behandlung der Parodontitis eine therapeutische Maßnahme darstellt.
- Die Kompetenzüberschreitung der Prophylaxeassistentin führt zum Entfall der Zuschusspflicht der ÖGK.
- Der OGH betont den Gleichklang zwischen dem sozialversicherungsrechtlichen Krankenbehandlungsanspruch und den berufsrechtlichen Vorgaben des Zahnärztegesetzes (ZÄG).
- Nur Leistungen, die in zulässiger Weise erbracht wurden, können von der Krankenversicherung abgegolten werden.
- Der OGH argumentiert, dass die zum Schutz der Patienten erlassenen berufsrechtlichen Vorschriften nicht dadurch unterlaufen werden dürfen, dass sie für die Leistungspflicht der Krankenversicherung als unerheblich angesehen werden.
Ausblick für Zahnärzte:
- Das Urteil bestätigt die klare Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von Zahnärzten und Prophylaxeassistentinnen.
- Zahnärzte müssen sicherstellen, dass Behandlungen, die ausschließlich ihrer Berufsgruppe vorbehalten sind, auch tatsächlich von ihnen selbst durchgeführt werden. Eine Delegation solcher Behandlungen an Prophylaxeassistentinnen, auch unter Aufsicht, ist nicht zulässig und führt zum Verlust des Anspruchs auf Kostenerstattung durch die Krankenversicherung.
- Das Urteil unterstreicht die Bedeutung des Zahnarztvorbehalts im Sinne des Patientenschutzes.
- Das Urteil hat weitreichende Folgen für die zahnärztliche Praxis und verdeutlicht die Notwendigkeit der strikten Einhaltung der berufsrechtlichen Vorgaben
- Um weitergehende Behandlungen delegieren zu können, wie z.B. Parodontalbehandlungen, sollte die Anerkennung der DH in Österreich vorangetrieben werden.