Ende April besuchte Hannes Gangl von ZPP mit einer Gruppe Zahnärzten und Zahntechnikern den CAD/CAM Spezialisten Zirkonzahn. Der Tag startete bei schönstem Wetter gegen 9.00 Uhr mit einer Werksbesichtigung des Hauptstandortes in Gais, Südtirol. Die quirlige und nie um eine Antwort verlegene Nicole Schneider von Zirkonzahn führte die Truppe kompetent und unterhaltsam durch die einzelnen Abteilungen des Unternehmens, das 2003 durch Enrico Steger mit dem Ziel der Entwicklung, Produktion und Vermarktung seiner Kopierfräse – auch Zirkograph genannt – gegründet wurde. Mittlerweile arbeiten über 300 Mitarbeiter an den beiden Standorten in Ahrntal nördlich von Bruneck für Zirkonzahn. Durch den enormen Erfolg der Kopierfräse investierte Zirkonzahn massiv in die Digitalisierung und bietet heute vom Gesichtsscanner Facehunter und Laborscanner über verschiedenste Materialien bis hin zu vollautomatischen CAD/CAM Fräsen eine dichte, fein aufeinander abgestimmte Produktpalette für die Zahntechnik. Auffällig ist die hohe Fertigungstiefe bei Zirkonzahn. Während internationale Konzerne global einkaufen und sich oft nach dem günstigsten Preis richten, ist es der Anspruch von Zirkonzahn, nahezu den gesamten Wertschöpfungsprozess nicht nur zu beherrschen, sondern auch selbst durchzuführen. Dr. Ernst Siewart, Zahnarzt:
Ich bin davon überzeugt, dass nicht nur die Zahntechnik, sondern auch die Zahnmedizin von seinen visionären Vorstellungen profitieren wird.
Wenn zugekauft wird, handelt es sich in vielen Fällen um deutsche oder japanische Spezialprodukte. Das Herz des Ganzen ist jedoch die Software und die wird von 30 IT Spezialisten vor Ort verantwortet. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil: So sind die Wege im Haus zwischen Hard- und Softwarespezialisten kurz und neue Features oder Fehlerbehebungen in der Software sind innerhalb kürzester Zeit implementiert. Im Supportcenter sitzen dutzende Mitarbeiter verschiedenster Muttersprachen, die per Telefon, Chat und TeamViewer Kunden in aller Welt in Echtzeit bei Problemen oder Fragen helfen.
Ein paar Abteilungen weiter läuft uns Juniorchef Julian Steger über den Weg. Er ist schon seit vielen Jahren im Unternehmen tätig und wie sein Vater ebenfalls Zahntechnikermeister. Durch intensive Weiterbildungen besitzt er das erforderliche Management-Knowhow und ist aktuell für die Produkt- und Prozesssteuerung zuständig. Die Frage nach Kontinuität im Unternehmen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ist damit in Wirklichkeit keine mehr.
Eine Etage tiefer dann die Produktion der Scanner und Fräsmaschinen: Hier entstehen die nächsten Serien von M1 bzw. M4. Nicht wenige unserer Gruppe sind hochbegeistert und quetschen die Fachleute in der Montagelinie nach Details aus. Egal ob Face Hunter, Laborscanner oder die Produktion der Zirkonoxiddisks, einige würden am liebsten den Rest des Tages in der Produktionshalle verbringen. Dr. Ernst Siewart, Zahnarzt:
Es ist unglaublich, was Herr Steger hier auf die Beine gestellt hat. Ein Unternehmen, das so innovativ, perfekt organisiert und strukturiert ist, sucht seinesgleichen.
Nach dem Rundgang erhalten wir einen tiefen Einblick in die Technik des Face Hunters im Zusammenspiel mit der Software und dem zugehörigen Planesystem. Face Hunter ist ein 3D-Gesichtsscanner zur fotorealistischen 3D-Digitalisierung von Gesichtern als Arbeitsgrundlage für die Herstellung von individuellem Zahnersatz. Die Möglichkeiten, die die Software bietet sind enorm, verlangen aber Konzentration und eine akribische Einarbeitung in das Thema – ganz nach dem neuen Firmenslogan: “Zirkonzahn – ist nicht für jedermann.” Kurz gesagt ist damit gemeint, daß für Zirkonzahn stets die Qualität im Fokus steht und das Ringen um die technisch beste Lösung für den Kunden. Zahntechniker auf der Suche nach dem billigsten Preis zur Fertigung billigen Zahnersatzes sind für Steger nicht die Zielkunden von Zirkonzahn Lösungen.
Nach dem Mittagessen geht es weiter zum Mountain Monastry, einem ehemaligen Hotel, wo Enrico Steger einen rund einstündigen Vortrag hält, der zwar kurzweilig und unterhaltsam ist, aber doch zum tieferen Nachdenken anregt. Anschaulich erklärt er an zahlreichen Beispielen die Mechanismen, wie das höherwertige Produkt zum höheren Preis an die Kundschaft gebracht werden kann. Wer beispielsweise einem potentiellen Kunden innerhalb einer Stunde eine Schiene herstellen kann, mit der der Kunde – hat er sie einmal im Mund eingesetzt – auf einen Blick sieht, wie ästhetisch er am Schluss der Behandlung aussehen könnte, braucht keine Preisdiskussion mehr zu fürchten. Entscheidend ist, die beste Lösung anschaulich visualisieren und erklären zu können. Mit einer guten Geschichte, die dem Kunden das Gefühl gibt, etwas Einmaliges und Hochwertiges zu bekommen und damit letztendlich auch selbst etwas Besonderes zu sein. Die Gruppe nickt anerkennend, klatscht. Enrico Steger verabschiedet sich von jedem persönlich, eilt zum nächsten Termin, während wir uns zwei Ausbildungskonzepte im Nachbarort ansehen: Die Ranger School und die Military School.
Beiden Konzepten gemein ist eine Analogie zum Militärischen. Enrico Steger ist Disziplin, Loyalität und Know-How wichtig. Dieses wird den jungen Zahntechnikern in der Ausbildung beigebracht und abgefordert. Doch auch Einfachheit und Bescheidenheit gehören zu den Tugenden. Während die Military School über eine Woche läuft, wird den jungen Rangern in sechs Monaten deutlich mehr abverlangt. Dafür wird der Gemeinschaftssinn beim gemeinsamen täglichen Kochen und intensivem Frühsport entwickelt. Ein fachliches Rahmenprogramm zum Thema Zahntechnik wird durch Themen wie Fotografie, Modellieren, Ästhetik abgerundet. Hier wird das Essentielle einer künstlerischen und zahntechnischen Ausbildung abverlangt. Hier soll sich der Schüler zum “virtuosen Meister” entwickeln.
Nach einem kurzen Abstecher am zweiten Produktionsstandort, wo die CNC Dreh- und Fräsmaschinen stehen, ging es zurück ins Headquarters nach Gais. Nahezu jeden der Teilnehmer hat die Fülle an Information und das tiefe Know-How von Zirkonzahn begeistert. Vielen Dank an das gesamte Zirkonzahn Betreuungsteam und besonders an Nicole. Wir waren sicher nicht zum letzten Mal vor Ort. Hier geht´s dann zum Video.