Frau Dr. Schreder, Sie haben einen ziemlich ungewöhnlichen Werdegang: Zahnärztin, Zahnarztassistentin und Prophylaxeassistentin. Wie kam es dazu?
Das stimmt, aber bei mir war es eigentlich naheliegend – mein Großvater, mein Vater und meine Mutter waren alle Zahnärzte. Trotzdem wollte ich während meines Zahnmedizinstudiums wirklich verstehen, wie die Arbeit am Stuhl funktioniert. Deshalb habe ich parallel zur Uni die Ausbildung zur Zahnarztassistentin gemacht und später auch die Prophylaxeausbildung. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens! Ich habe dadurch beide Perspektiven kennengelernt und weiß genau, worauf es im Praxisalltag ankommt.
Was bedeutet das konkret für Ihre Arbeit heute?
Ich unterrichte jetzt seit über 20 Jahren in der Prophylaxeausbildung – mit demselben Team, das sich damals am Zahnärztlichen Fortbildungsinstitut zusammengefunden hat. Zusätzlich habe ich lange die Ausbildung zur Zahnarztassistentin geleitet. Diese Erfahrung aus beiden Welten ist unbezahlbar: Ich weiß, was Assistentinnen brauchen, um gut zu arbeiten, und ich weiß auch, was Zahnärzte von ihrem Team erwarten.
2023 haben Sie dann die Vienna Dental Academy gegründet. Warum?
Es gab einen politischen Wechsel am ZAFI, und unser Team war plötzlich nicht mehr erwünscht – obwohl wir durchwegs positive Rückmeldungen hatten. Wir waren alle überzeugt, dass wir gute Arbeit leisten. Also habe ich mir gedacht: Warum nicht weitermachen? Ich gebe gerne weiter, was ich von der Pike auf gelernt habe. So entstand die Idee, mich auf Ausbildungen speziell für Zahnarztassistentinnen und Prophylaxeassistentinnen zu spezialisieren.
„Bei uns kennt jeder jeden“
Es gibt ja mittlerweile viele Anbieter. Was macht die Vienna Dental Academy besonders?
Bei uns ist es wirklich familiär! Wir haben bewusst nur fünf Vortragende – das bedeutet, jeder kennt jeden. Sie hören nicht jede Stunde von einem anderen Referenten. Wir haben maximal 18 Teilnehmerinnen pro Kurs, damit wir wirklich auf jede einzelne eingehen können.
Besonders wichtig ist mir das Hands-on-Training: Wir arbeiten viel am Modell und vor allem am Patienten – fast wie in einem Einzelcoaching. Mir geht es darum, dass ich jede Teilnehmerin dort abholen kann, wo sie steht. Wenn 50 Leute im Raum sitzen, geht das nicht. Aber in einer kleinen Gruppe erkenne ich schnell, wo jemand noch Defizite hat, und kann gezielt darauf eingehen.
Warum ist Ihnen das so wichtig?
Weil ich will, dass die Assistentinnen, die bei uns abschließen, wirklich gut in der Praxis sind! Es soll ein Mehrwert sein – für die Kollegen, aber vor allem für die Assistentinnen selbst. Man hat nur Spaß an der Arbeit, wenn man selbstsicher ist in dem, was man tut. Und genau diese Selbstsicherheit wollen wir vermitteln.
Der Beruf hat Zukunft – wenn die Bedingungen stimmen
Viele Zahnärzte klagen, dass sie keine motivierten Assistentinnen finden. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Das ist eine komplexe Frage. Ein Problem ist sicher, dass viele junge Leute nicht wissen, was der Beruf alles bietet. Es gibt so viele Möglichkeiten zur Weiterbildung – Pass, Aufbaukurse, es gibt in einzelnen Ländern sogar schon Dentalhygiene. Man kann sich wirklich entwickeln und weiterkommen!
Aber natürlich muss auch die Bezahlung stimmen. Ich verstehe nicht, warum manche Praxen da so knausrig sind. Wenn ich jemanden gut ausbilde und die Person motiviert und kompetent ist, dann muss ich auch bereit sein, entsprechend zu zahlen. Die Zeiten von „Ich darf beim Arzt arbeiten, bei den Göttern in Weiß“ sind vorbei. Heute wissen die Leute, was sie wert sind – und das ist auch gut so!
Was würden Sie Praxisinhabern raten?
Bezahlt eure Assistentinnen fair, ermöglicht ihnen Weiterbildung und schafft ein gutes Arbeitsklima! Wenn jemand allein in der Praxis arbeiten muss, ohne Kolleginnen zum Austausch – das ist schwierig. Ein gutes Team, vernünftige Arbeitszeiten und Wertschätzung: Das sind die Basics. Und wer das nicht bietet, braucht sich nicht wundern, wenn niemand kommen will.
Weiterbildung lohnt sich – für alle!
Sie haben die Prophylaxeausbildung angesprochen. Was bedeutet diese Zusatzqualifikation für Assistentinnen?
Ganz konkret: Als Prophylaxeassistentin dürfen Sie eigenständig am Patienten arbeiten! Sie sind nicht mehr nur die „Helferin“, sondern übernehmen Verantwortung – besonders in der Kinderprophylaxe, aber auch bei Erwachsenen. Das ist ein echter Karriereschritt und macht den Arbeitsalltag viel abwechslungsreicher und erfüllender.
Und ganz ehrlich: Ich habe in den letzten 20 Jahren gesehen, wie Teilnehmerinnen in diesen Kursen gewachsen sind. Nicht nur fachlich, sondern auch persönlich. Viele entwickeln eine ganz andere Selbstsicherheit und Ausstrahlung. Das ist wunderschön zu beobachten.
Haben sich die Teilnehmerinnen über die Jahre verändert?
Ja, leider. Vor 20 Jahren kamen wirklich nur die total Motivierten. Die haben das Wissen aufgesaugt und sind von Wochenende zu Wochenende gewachsen. Heute kommen manchmal Assistentinnen, die vom Chef geschickt wurden, weil sie die Kinderprophylaxe machen müssen – aber ohne echte Motivation. Das ist schade, denn sowohl die Kolleginnen als auch die Patienten profitieren nicht davon.
Was ist Ihre Haltung dazu?
Ich bin fair, aber konsequent: Ich lasse niemanden durchkommen, von dem ich das Gefühl habe, dass er oder sie es nicht kann. Wir tun uns allen keinen Gefallen, wenn wir unterqualifizierte Assistentinnen rauslassen. Es soll ein Mehrwert sein, dass zwei Türen weiter jemand arbeitet, auf den ich mich verlassen kann. Diese Qualität muss gewährleistet sein.
Die Zukunft gestalten
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Zahnarztassistentinnen in Österreich?
Dass der Beruf die Wertschätzung bekommt, die er verdient! Dass Weiterbildung nicht als lästige Pflicht gesehen wird, sondern als Chance. Und dass Praxisinhaber verstehen, dass gut ausgebildete, motivierte Assistentinnen das wertvollste Asset einer Praxis sind.
Ich möchte mit der Vienna Dental Academy einen Ort schaffen, wo Assistentinnen nicht nur fachlich lernen, sondern auch als Persönlichkeiten wachsen können. Wo sie sich gegenseitig unterstützen und wo sie merken: Ich kann etwas, ich bin kompetent, ich habe eine Zukunft in diesem Beruf!
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. Schreder!
Zur Person
Dr. Bettina Schreder ist Zahnärztin mit eigener Praxis in Wien und Gründerin der Vienna Dental Academy. Sie selbst hat die Ausbildung zur Zahnarztassistentin und Prophylaxeassistentin absolviert und unterrichtet seit über 20 Jahren in der Prophylaxeausbildung. Ihr Fokus liegt auf praxisnaher Ausbildung in familiärer Atmosphäre.
Kontakt:
Vienna Dental Academy
www.viennadental.ac
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