Anwendung des PerioChips® im Fall einer lokalen chronisch sekundäraggressiven Parodontitis marginalis (Dr. Frank Vogel)
Parodontopathien zählen zu den häufigsten Erkrankungen der Menschheit und in der Zahnmedizin neben Karieszerstörungen zu den häufigsten Gründen für Zahnverlust. Ursache sind meist Bakterientoxine in Biofilmen auf Zahn- und Gewebeoberflächen. In der Folge von komplexen Abwehrmechanismen kommt es zu Zahnfleischentzündungen und Knochenabbau.
Im Vergleich zu kariösen Läsionen ist der Parodontitis schwieriger entgegenzutreten. Fehlende prophylaktische Maßnahmen, Ernährungs- und Lebensgewohnheiten sind die häufigsten Ursachen dieser Erkrankung, die in den meisten Fällen chronisch schmerzfrei verläuft. Auch bestimmte okklusale Verhältnisse können den Krankheitsverlauf beschleunigen.
Der Einsatz der Zahnmedizin ist meist nur auf Schaffung stabiler okklusaler Verhältnisse und der Bakterienreduktion sowie Geweberegeneration begrenzt.
Wesentlich ist dabei die mechanische und chemische Zerstörung des Biofilms. Unterstützend wirken antibakterielle Medikamente wie das Chlorhexidindigluconat. Die Wirkung beruht auf der Zerstörung der Bakterienzellmembran. Ausschlaggebend ist die Einwirkdauer und -häufigkeit. Nur damit ist eine Geweberegeneration und Attachmentgewinn möglich. Eine solche CHX-Depotwirkung in der Zahnfleischtasche bietet der PerioChip®.
Anwendung des PerioChips® im Fall einer lokalen chronisch sekundäraggressiven Parodontitis marginalis. Falldarstellung: Ein 67 Jahre alter männlicher Patient ohne allgemeinanamnestische Auffälligkeiten, Nichtraucher, bittet um Heilung seines entzündeten Zahnfleisches. Er bemerkt einen unangenehmen Geruch und Geschmack. Der Patient reinige täglich zweimal seine Zähne mit einer elektrischen Zahnbürste. Zahnseide oder zusätzliche Hilfsmittel nehme er nicht. Auch unterstützende zahnärztliche prophylaktische Maßnahmen wie die professionelle Zahnreinigung seien bei ihm noch nicht zur Anwendung gekommen. Zahnfleischentzündungen kämen bei Ihm gelegentlich lokal vor.
Eine eingehende Untersuchung zeigt einen prothetisch insuffizient reduzierten Gebisszustand mit stark reduzierter Seitenzahnabstützung. Weiter fällt ein kariös zerstörter Zahn 22 auf. Der Zahn 23 ist mit einer prothetischen Krone versorgt an der ein ehemaliger Brückenersatz nach dem Zahn 24 abgetrennt wurde. Am Zahn 23 ist im Bereich der befestigten Gingiva eine druckdolente Schwellung mit Pusabfluss tastbar. Die Mukosa in dieser Region ist livide ödematös gefärbt. Eine lokale Sondierung ergibt um den Zahn 23 distal-palatinal eine Taschentiefe von 7mm vom Zahnfleischrand zum Taschenboden und eine spontane Sondierungsblutung. Die Beweglichkeit des Zahnes 23 liegt bei Grad I. Die Reaktion auf Kälte war positiv. Generalisiert zeigt das BOP um 40 % und auch der PSI mit Werten von 0-1 in allen weiteren Bereichen nur geringe Auffälligkeiten von parodontalen Schädigungen.
Der Röntgenbefund eines OPG lässt distal des Zahnes 23 einen vertikalen Knochenabbau bis ½ der Wurzellänge erkennen.
Somit kann von einer lokalen schweren chronischen sekundärakuten Parodontitis marginalis ausgegangen werden. Der Erhalt des zur Abstützung eines neuen prothetischen Zahnersatzes wichtigen Eckzahnes ist fraglich.
Differentialdiagnostisch könnte die apikale Parodontitis des Wurzelrestes 22 zur Abszessbildung beigetragen haben. Dagegen sprechen aber die klinisch abgrenzbaren Regionen und Symptomatiken. Der erste Schritt bestand in der Abszessdrainage und Kürettage der Tasche um 23 mit einer ersten Anwendung einer 0,1% CHX Spülung sowie einer Einlage einer 2% CHX Gels.
Danach wurde der insuffiziente Brückenzahnersatz von 11 einschließlich des kariös zerstörten Wurzelrest 22 sowie der Anhänger 24 entfernt und durch einen Interimsersatz eine vollständige Front und-Seitenzahnabstützung geschaffen. Der Interimsersatz verankert sich mit gebogenen Klammerarmen an den Zähnen 23 und 14.
Der Patient wurde einer Hygienisierung mit Mundhygieneinstruktionen und einer Professionellen Zahnreinigung zugeführt. In dieser Zeit konnte mit weiteren lokalen CHX Anwendungen die Gingiva um den Zahn 23 regeneriert und ein BOP-Wert null erreicht werden.
Die Anwendung eines PerioChips® sollte die weitere Stabilisierung und somit den weiteren Einsatz des Eckzahnes als prothetischer Pfeilerzahn unterstützen. Die Indikation mit einer Sondierungstiefe von 7mm und eine blutungsfreie Applikation war als gegeben vorrausgesetzt.
Begonnen wurde mit einem Chip in der zweiwandigen Knochentasche distopalatinal des Zahnes 23. Die Applikation verlief schmerzfrei und ohne Blutung. Ebenso blieb die Gingiva und der Zahn in den folgenden Wochen symptomlos. In dieser Zeit wurde außer eines Prophylaxerecalls mit supragingivaler CHX Anwendung die Tasche in Ruhe belassen.
Acht Wochen nach der Applikation des ersten PerioChips® konnte eine Festigung des Zahnes und eine Straffung der Mukosa ohne BOP festgestellt werden. Eine Taschenreduktion auf sechs Millimeter war noch nicht das gewünschte Ergebnis.
Deshalb wurde entschieden einen weiteren Periochip® einzusetzen.
Weitere sechs Monate später konnte im Zusammenhang eines Propylaxerecalls die Reduktion der Knochentasche auf 5 mm registriert werden. Die verbesserte Mundhygiene des Patienten und die Indizes ließen die Herstellung eines definitiven Zahnersatzes mit teleskopierenden Kronen auf den Zähnen 14 und 23 zu. Nach einer Revision der Wurzelfüllung am Zahn 12 können die Zähne 12 und 11 durch Einzelzahnkronen mit gefrästem Lager den Zahnersatz abstützen.
Nach einer Tragedauer von einem Jahr ohne Komplikationen ist der Zahn 23 beschwerdefrei und die Knochentasche auf 5mm reduziert. Eine Zahnbeweglichkeit ist nicht mehr zu spüren und somit die TM vom Wert I auf 0 herabgesetzt.
Eine weitere Taschenreduktion ist kaum möglich da durch destruktive Vorgänge und Taschenkürettage das für neues Attachment essentielle Desmodont irreversiebel verloren ist.
Der Therapieerfolg entspricht der Komplexität mehrerer klinischer Mechanismen. Dazu zählen die Wirkweise des PerioChips®, die verbesserten okklusalen Verhältnisse, die Beseitigung der Schmutznieschen sowie veränderte Lebens- und Mundhygienegewohnheiten des Patienten.
Für den Langzeiterfolg einer parodontalen Regeneration sind der Ausschluss aller ursächlichen Parameter notwendig. PerioChip® wirkt unterstützend auf die Geweberegeneration durch Minimierung pathogener Bakterien. Nach der Wirkdauer müssen alle Faktoren beitragen die Bakterienanzahl niedrig zu halten.