Veith Gärtner, Geschäftsführer von minilu, führt uns durch die Welt des digitalen Dental-Handels. Der 46-jährige ehemalige Creative Director aus der Modebranche hat vor zwölf Jahren das Online-Portal für Verbrauchsmaterialien übernommen und zu einer immersiven Markenwelt ausgebaut, die weit über den klassischen E-Commerce hinausgeht.
Herr Gärtner, Sie kommen ursprünglich aus der Modebranche. Wie kam es dazu, dass es Sie in die Dentalbranche verschlagen hat?
Das ist eine interessante Geschichte. Ich bin eigentlich schon immer dental vorgeprägt gewesen, weil mein Vater seit 50 Jahren in der Dentalbranche tätig ist. Er hat seine Ausbildung in der Dentalbranche gemacht, lange für verschiedene Dentalfirmen gearbeitet und sich vor 30 Jahren als Gesellschafter beim Dentaldepot eingekauft. Ich war schon als Kind mit auf Messen und habe sogar damals am Messestand von Dürr Dental gezeigt, wie kinderleicht der Hygopack zu bedienen ist. Nach dem Abitur habe ich Mode- und Designmanagement studiert und für verschiedene Firmen im Design- und Produktmanagement gearbeitet, zuletzt als Creative Director bei Peek & Cloppenburg. Vor zwölf Jahren fragte mich mein Vater dann, ob ich nicht Lust hätte, das Projekt minilu zu übernehmen und die Marke zu kreieren. Das habe ich mit viel Freude angenommen.
Was war die ursprüngliche Idee zur Gründung von minilu im Jahr 2009?
Es gab damals plötzlich Vergleichsplattformen, wo verschiedene Händler ihre Angebote hochladen konnten. Das ermöglichte Händlern ohne klassische Dentalstruktur, vor allem aus dem europäischen Ausland, in den deutschen und österreichischen Markt einzutreten. Plötzlich gab es Online-Angebote aus den Benelux-Ländern zu günstigen Preisen, ohne dass diese Händler Lager oder Vertriebsstrukturen mit Außendienstmitarbeitern benötigten. Da war die Frage: Wie stellen wir uns als stationärer Handel darauf ein? Wir entschieden, eine eigene Online-Plattform zu gründen, die andere Preise bieten kann, weil sie diese Strukturen nicht benötigt. Ich vergleiche es gerne so: Zu mir kommt ja auch nicht der Drogeriemarkt nach Hause und fragt alle zwei Wochen, ob ich Toilettenpapier brauche. In der Zahnarztpraxis ist es genauso – die täglichen Verbrauchsmaterialien wie Mundspülbecher, Masken oder Handschuhe kann ich einfach online kaufen, wann ich Zeit habe.
Aber minilu geht ja weit über einen klassischen Online-Shop hinaus. Wie kam es zu dieser spielerischen Markenaufmachung, die viele ein wenig an Hello Kitty erinnert? Stört Sie das?
Wir haben uns überlegt: Wer macht denn in Wirklichkeit die Bestellung in der Zahnarztpraxis? Das sind in der Regel die Assistentinnen – ZFAs, ZMPs, DHs oder Praxismanagerinnen. Es ist eine sehr weibliche Zielgruppe. Wir wollten von Anfang an eine Community schaffen und die beste Freundin der Dentalassistentin werden, die einfach hilft, den Praxiseinkauf schnell, einfach und günstig zu realisieren. Der Vergleich zu Hello Kitty stört mich im Übrigen gar nicht – Hello Kitty ist ein weltweites Phänomen. Ich habe sogar mal zu meinem Vater gesagt: „Wir müssen die Hello Kitty der Dentalindustrie erfinden.“ Wenn dieser Vergleich gemacht wird, freut mich das, weil dann ist meine Idee aufgegangen. Es geht um Wertschätzung der Dentalassistentin gegenüber.
Wie gewährleisten Sie die Produkt- und Lieferqualität? Kaufen Sie alle Produkte direkt von den jeweiligen Herstellern? Stichwort Grauimporte …
Grauimporte gibt es bei uns nicht. Wir haben mit allen Herstellern Verträge und kaufen alles original beim Hersteller ein. Dadurch bündeln wir Einkaufsvolumina und können gute Preise erzielen. Das ist unser Qualitätsversprechen – der Kunde bekommt bei uns Originalqualität, die auch für das jeweilige Land zugelassen ist. Besonders wichtig ist auch die temperaturgeführte Logistik. Produkte wie Bleaching-Materialien müssen gekühlt gelagert und temperiert versendet werden. Das machen wir transparent – der Kunde sieht im Shop, welcher Artikel temperaturgeführt ist. Diese Auflagen kommen vom Hersteller nicht ohne Grund. Wenn ein Füllungsmaterial nicht richtig aushärtet oder ein Bleaching-Material nicht korrekt aufhellt, ist das für Patient und Praxis unbefriedigend.
Wer sitzt bei Ihnen im Kundenservice? Sind das dentale Fachkräfte, die auch beraten können?
Das ist uns sehr wichtig: Bei uns im Callcenter sitzen ausschließlich ausgebildete ZFAs oder ZMPs mit unbefristeten Arbeitsverträgen. Das sind Fachkräfte, die ihre Berufsausbildung in der Zahnarztpraxis durchlaufen haben und nach Jahren in der Assistenz zu uns gewechselt sind. Sie können unseren Kunden auf Augenhöhe begegnen und wissen, was ein Füllungsmaterial ist oder was gemeint ist, wenn jemand „das lila Abformmaterial“ sucht.
Sie haben sogar eine eigene Medical-Fashion Kollektion entwickelt. Wollen Sie Ihren früheren Arbeitgebern Konkurrenz machen?
Das ist eine Kooperation mit van Laack. Sie haben den ersten Jersey entwickelt, der bei 90 Grad waschbar ist – eine echte Hightech-Faser. Von innen ist es Bio-Baumwolle für angenehmes Hautgefühl, von außen schützt die Hightech-Faser vor Bakterien, Viren und Aerosolen. Die Kollektion ist 100% farbecht, vier Wege elastisch und superangenehm zu tragen. Wichtig ist auch: Die Farben gibt es immer gleich nach. Bei van Laack hängen die Farben in der Produktion und werden exakt nachproduziert. Für größere Praxiseinheiten oder Ketten können sogar eigene Farben entwickelt werden. Um schnell und einfach die entsprechenden Größen für das Team herauszufinden, haben wir Probierboxen entwickelt – der Kunde bestellt eine Box mit allen Größen, probiert 14 Tage und schickt sie zurück. Das Pfand wird erstattet, und danach weiß jeder, welche Größe passt. Das reduziert Retouren für beide Seiten.
Sie gehen bei minilu weit über eine reine Onlineshop Webseite hinaus. Stichwort Community-Building …
In unserem Shop kann man viel mehr als nur einkaufen. In der minilu Academy gibt es Tutorials und Webinare. Wir wollen Wertschätzung für die Dentalassistentinnen schaffen – sie sind die Motoren der Praxen, keine Zahnarztpraxis würde ohne sie funktionieren. Wir bieten auch Stipendien an der Cologne Business School für das Studium zur Dentalhygienist an. Letztes Jahr haben wir einer alleinerziehenden Mutter das Studium finanziert. Wir haben „Friends of the Brand“ – ehemalige ZFAs, die mittlerweile Zahnärztinnen sind, oder Assistentinnen, die Fortbildungen anbieten. Diese tollen Frauen wollen wir auf eine Bühne heben. In unserem minilu-Magazin tauschen sie sich aus – zum Beispiel über Gehaltsverhandlungen oder wie man mehr Umsatz für die Praxis generiert. Das sind ehrliche Tipps aus der Zielgruppe für die Zielgruppe.
Vielen Dank für die spannenden Einblicke, Herr Gärtner.
Vielen Dank für das Gespräch. Es hat mir viel Spaß gemacht, und ich freue mich darauf, noch viele sympathische Assistentinnen aus Österreich kennenzulernen.
Das ganze Gesprächt findet sich auf dem dental JOURNAL Podcast.