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„Wir arbeiten am offenen Herzen der Praxis.“

Softdent-CEO Christian Rieder über KI-Assistenten, Check-in-Terminals und warum gute Software Mitarbeiter hält und nicht ersetzt.

2727Die Digitalisierung hat längst Einzug in die Zahnarztpraxis gehalten – und doch schöpfen viele Ordinationen das Potenzial moderner Praxissoftware nicht vollständig aus. Was unterscheidet eine gute von einer herausragenden Praxissoftware? Und wie können Sie durch die richtigen digitalen Werkzeuge nicht nur Zeit sparen, sondern auch Ihren Umsatz steigern und Ihr Team entlasten? Im Gespräch mit Christian Rieder, CEO von Softdent, wird deutlich: Moderne Praxissoftware ist weit mehr als ein digitaler Terminkalender. Sie ist das Nervensystem einer effizienten, zukunftsorientierten Praxis.

Wie bist Du überhaupt zur Softwareentwicklung gekommen? Hat das schon in jungen Jahren auf Commodore oder Atari begonnen?
Christian Rieder: Schon in jungen Jahren hat mich die EDV fasziniert, und ich hatte Berührung mit Commodore-Amiga-Geräten. Mein beruflicher Werdegang führte mich über die Vermessungstechnik sehr nah an die IT und Programmierung heran. Später wurde ich EDV-Leiter in einem Krankenhaus, wo ich mich intensiv mit Medizinsoftware auseinandersetzen durfte. Durch Zufall führte mich der Weg dann zu meinem damaligen Geschäftspartner Hansjörg Füssinger, und wir gründeten 2003 Softdent mit dem Ziel, neue Wege und Möglichkeiten in der Zahnmedizin zu beschreiten.

Was macht denn allgemein gute Praxissoftware aus?
Gute Praxissoftware definieren wir über die Anzahl der Möglichkeiten, die sie bietet. Jede Ordination hat individuelle Bedürfnisse und Anforderungen. Für uns ist der Individualismus ein wichtiges Thema. Moderne Software sollte sich nicht nur an Standards orientieren, sondern sich nach den persönlichen Bedürfnissen der Praxis richten.

Hochfrequentierte Praxen oder Ordinationen mit halbtags besetzter Rezeption stehen vor besonderen Herausforderungen. Die Lösung: Check-in-Terminals. Der Patient hält seine E-Card ans Terminal, meldet sich selbstständig an, das System führt die Konsultation durch und leitet den Patienten ins richtige Wartezimmer oder Stockwerk – inklusive digitalem Leitsystem.

Bedeutet das, sie ist individuell erweiterbar und bietet viele Schnittstellen?
Genau. Sie ist individuell erweiterbar, bietet viele Zusatzfeatures und ermöglicht die Anpassung interner Abläufe. Zum Beispiel, wenn eine Praxis zwei Wartezimmer oder mehrere Stockwerke hat, muss die Software helfen, den Patientenfluss und die Ruhe gut zu organisieren. Zudem muss sie effizient und datenschutzkonform sein.

Bleiben wir zunächst beim Terminkalender, den Softdent als das Herzstück der Praxis bezeichnet.
Der Terminkalender hat sich vom leserlichen Papierersatz zu einem Steuerungsinstrument entwickelt. Ein gut geführter Terminkalender lässt sich in den Umsatzzahlen ablesen. Er hilft dem Personal, Ordnung und Ruhe in die Organisation zu bringen. Praxen können beispielsweise spezifische Zeitslots für Kassenpatienten oder private Versorgungen reservieren, um Kapazitäten vorzuhalten.

Und was noch?
Heute kann der Kalender durch Online-Terminkalender bebucht werden, die sich permanent mit der Praxissoftware austauschen. Patienten können sich 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche selbst Termine buchen. Wir unterscheiden dabei, ob es sich um Neu- oder Bestandspatienten handelt, um zum Beispiel Neupatienten die Buchung einer Mundhygiene zu verwehren. Außerdem kann der Kalender Vorschläge für Termine machen, anstatt dass Mitarbeiter Lücken suchen müssen. Der Weg des Patienten in die Praxisorganisation beginnt digital, bis hin zur Anamnese, die der Patient zu Hause ausfüllen kann, wie man es vom Check-in im Hotel gewohnt ist.

Apropos Check-in: Ihr bietet mittlerweile ein innovatives Check-in/Check-out Terminal an. Wie funktioniert das?
Das Terminal hat durch die berührungslose eCard einen Quantensprung gemacht. Der Patient hält die eCard an das Terminal, meldet sich an, das System macht die Konsultation und kann ihn direkt ins Wartezimmer oder in ein anderes Stockwerk leiten (mittels Leitsystem). Beim Check-out kann der Patient seinen nächsten Termin buchen und eine Zeitbestätigung zugesandt bekommen. Es dient als Bypass zur Rezeption in hochfrequentierten Praxen oder unterstützt in Ordinationen, in denen die Rezeption nur halbtags besetzt ist, wie bei Wahlarztpraxen oder in der Kieferorthopädie.

Der Terminal dient also als Overflow-Lösung zusätzlich zur Rezeption?
Genau. Wir wollen mit unseren modernen Werkzeugen nicht Mitarbeiter abbauen oder ersetzen, sondern bestehende Mitarbeiter entlasten und halten. Es geht darum, die Arbeit erträglich zu halten, indem ein Bypass geboten wird. Der Patient kann wählen, was er nützen möchte.

Zusätzlich gibt es auch ein intelligentes Aufrufsystem im Wartebereich, das zur Umsatzsteigerung beitragen soll.
Das Aufrufsystem/Infoscreen verbessert die Effizienz. Mitarbeiter können Patienten direkt per Mausklick vom Behandlungsraum aus aufrufen. Die Patienten werden über Monitore und akustische Signale geleitet. Im Behandlungsraum sehen die Mitarbeiter Ankunftszeiten und Verspätungen, was das Zeitmanagement effektiver gestaltet. Der Infoscreen präsentiert automatisch Zusatzleistungen und wichtige Informationen, was zu möglichen Umsatzsteigerungen führt und die subjektive Wartezeit verkürzt. Der wichtigste Punkt ist die Ruhe in der Praxis. Wenn 50 Patienten am Tag behandelt werden und das Personal diese nicht ständig holen und begleiten muss, reduziert sich die Unruhe massiv. Das System kann auf Wunsch nahtlos mit dem Wartezimmer TV verbunden werden.

Ein großer Trend ist das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Softdent hat auf dem Zahnärztetag in Innsbruck eine KI-Assistentin vorgestellt.
KI fasziniert uns unheimlich, aber wir müssen sie kritisch betrachten. Die Telefon-KI sehen wir als unterstützendes Medium für die Zukunft, das 24/7 verfügbar ist. Sie kann strukturierte Daten abfragen, etwa das Anliegen des Anrufers, und To-Dos an das Personal weiterleiten. Technisch wäre es sogar möglich, dass die KI proaktiv Telefonate tätigt, um zum Beispiel Terminerinnerungen zu ersetzen. Wir setzen die Telefon-KI bei einigen Kunden als Triage-Stelle für größere Unternehmen oder als intelligenten Anrufbeantworter in kleineren Ordinationen ein.

Moderne Praxissoftware ist weit mehr als eine digitale Karteikarte. Sie ist ein strategisches Werkzeug zur Produktivitätssteigerung, Mitarbeiterentlastung und Umsatzoptimierung. Die Möglichkeiten reichen von intelligenten Terminkalendern über KI-gestützte Assistenzsysteme bis hin zu umfassenden Spezialmodulen für jeden Fachbereich. Die entscheidende Frage lautet nicht, ob Sie digitalisieren sollten – sondern wie Sie das volle Potenzial der verfügbaren Technologien ausschöpfen können. Die richtige Software, individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten und mit persönlicher Betreuung implementiert, kann Ihre Praxis nachhaltig transformieren.

Wie stellt ihr sicher, dass die KI keine vertraulichen Informationen preisgibt? Stichwort Datenschutz.
Die KI ist sehr streng reglementiert. Bei der Einrichtung legen wir genau fest, was die KI sagen darf und was nicht. Datenschutzthemen sind hier der größte Gradmesser. Da KI-Systeme oft Online-Server im Hintergrund nutzen, müssen wir darauf achten, dass die Verarbeitung in der EU datenschutzkonform erfolgt und die europäischen Datenschutzrichtlinien eingehalten werden. Der Vorteil der KI: Sie hat keine Stimmungsschwankungen und sagt immer das Gleiche.

Softdent bietet auch eine KI-unterstützte Röntgenbildbefundung auf Karies an. Wie genau funktioniert das?
Technisch gesehen erkennt das System Grauschattierungen wesentlich besser als das menschliche Auge. Wir arbeiten mit der Firma Nostic aus der Schweiz zusammen. Das System kann Einzelbilder oder Panoramabilder analysieren. Für eine Erstbefundaufnahme werden fehlende Zähne und Restaurationen erkannt. Es identifiziert mögliche kariöse Stellen oder Läsionen und gibt die mögliche Tiefe an. Wichtig: Es handelt sich nicht um eine medizinische Befundung, sondern um einen Hinweis. Es dient als Unterstützung für den Arzt und als visuelle Besprechungsgrundlage mit dem Patienten.

Kommen wir zu den Spezialmodulen wie dem KFO-Management und dem Chirurgiemodul.
Die Kieferorthopädie (KFO) ist sehr individuell, weil sich dort viele unterschiedliche Organisationsformen etabliert haben. Unsere Software muss daher wahnsinnig flexibel sein. Unser KFO-Modul ermöglicht die Erstellung individueller Diagnose- und Dokumentationsformulare. Es unterstützt bei Abrechnungsmodalitäten (z. B. jährliche Abrechnung mit Versicherungen) und dient dem Terminkalender als zentrales Kontrollinstrument für das Fallmanagement (startende versus beendete Fälle).

Und das Chirurgie Modul?
Die Chirurgie ist eine völlig andere Welt. Das Modul unterstützt bei der Dokumentation für den Zuweiser (Arztbrief) und erfüllt die Anforderungen des MDR-Gesetzes zur Dokumentationspflicht. Wir können QR-Codes von Implantaten und Knochenersatzmaterialien einscannen, um Lotnummern und Materialien strukturiert abzulegen und auf Arztbriefe zu drucken. Ein großes Thema ist die Hygienedokumentation, die wir seit über 10 Jahren anbieten. Wir binden alle Autoklaven und Hygienegeräte an, um Sterilisationschargen lückenlos am Patienten zu dokumentieren.

Softdentgründer Christian Rieder ist mit seiner Praxissoftware innerhalb von knapp 20 Jahren zu einem der führenden Anbieter für Praxissoftware aufgestiegen. Aus einer Patientenverwaltungssoftware entwickelte er mit seinem Team eine Art Multitool. Ob automatische Röntgenbefundung oder KI Assistentin der „Steve Jobs der Dentalsoftware“ ist immer am Puls der Zeit.

Schließt das künftig auch die Materialwirtschaft mit ein?
Absolut. Softdent will alle Bedürfnisse der Praxis lösen. Dazu gehören Materialwirtschaft, Arbeitszeitaufzeichnung, Sterilgutverwaltung und Fotoverwaltung. Die Materialverwaltung kann Lagerbestände und Verbräuche erfassen. Wir können den gesamten Bestellvorgang abbilden und automatisierte Nachbestellungen auslösen, wenn ein Mindestbestand unterschritten wird. Unsere Kunden können sich ihr System individuell aus über 40 Modulen als Baukasten zusammenstellen, was bedeutet, dass es kaum zwei idente Softdentinstallationen geben dürfte.

Wie geht ihr mit der Problematik langer Passwörter um?
Personifizierte Logins und Rollen sind essenziell, um festzulegen, wer welche Zugriffe hat (z. B. Lehrling vs. Praxismanagerin). Um die Notwendigkeit mühseliger Passworteingaben zu reduzieren, setzen wir stark auf Fingerprint-Systeme. Der Fingerprint etabliert sich sehr gut und dient für das Login, die Arbeitszeitaufzeichnung und Freigaben im Sterilprozess. Alternativ können auch Mitarbeiterkarten (RFID Cards) zur Identifizierung genutzt werden. Der Fingerprint ist schnell und sicher.

Der Trend geht zur Cloud und zur reinen Web-Software. Wie reagiert Softdent auf diese Entwicklung?
Wir sehen diese Trends. Momentan kämpfen wir in der Branche noch mit der Vernetzungsstruktur. Vor allem bildgebende Diagnostik wie Röntgenbilder und 3D-Scans erfordern sehr schnelle und leistungsfähige Anbindungen. Wir setzen aktuell auf eine Hybridstrategie. Der Kern der Praxissoftware liegt in der Praxis (Inhaus). Da die lokale Infrastruktur für das Röntgen ohnehin stark sein muss, nutzen wir das mit Softdent. Moderne Technologien wie die Online-Anamnese, Online-Kalender und digitale Unterschrift werden aber bereits über Web-Technologien bereitgestellt. Wir sind bereit für Cloud-Lösungen, wenn sich die Infrastruktur ändert und die Nachfrage danach steigt.

Wie sieht es mit mobilen Geräten aus? Kann der Zahnarzt von unterwegs auf wichtige Kennzahlen zugreifen?
Alle unsere Online-Tools sind handy- und tablettauglich. Da Patienten, insbesondere die jüngere Generation, immer seltener einen PC besitzen, ist die Handyaffinität wichtig. Für Praxisinhaber stellen wir Statistiken und Dashboards zur Verfügung, wobei wir gemeinsam mit dem Kunden definieren, welche Informationen mobil wann ausgelöst oder angezeigt werden sollen.

Abschließend: Was ist die größte Stärke von Softdent und was die größte Schwäche?
Die größte Stärke ist die Flexibilität und unsere Kundennähe in Österreich. Wir sehen unsere Kunden als Partner und genießen großes Vertrauen. Wir arbeiten sprichwörtlich am „offenen Herzen der Praxis“ und bieten Beratung auch über den Softwarebereich hinaus an. Eine weitere Stärke ist unsere Kommunikationsfähigkeit und die Offenheit, uns in Netzwerken mit anderen Innovatoren zu verbinden. Zur Schwäche: Den sensiblen Punkt sehe ich in der Preisgeschichte. Wir verschenken die Software nicht, weil sie einen Mehrwert und eine Wertigkeit besitzt. Wir sind nicht bereit, in einen Preisdruck einzusteigen und verfolgen ein faires und transparentes Preiskonzept, das für alle Kunden gleich gilt. Unser Erfolgskonzept ist die persönliche Betreuung durch ein Trainerteam, das weiß, wie eine Praxis funktioniert.

Wo siehst Du die weitere Zukunft der Dentalsoftware?
Der Trend zeigt, dass immer mehr Patienten auf weniger Praxen treffen. Unsere Aufgabe ist es, die Praxen und Mitarbeiter organisatorisch zu unterstützen. Das betrifft die Erleichterung der täglichen Arbeit durch Hilfsmittel wie die datenschutzkonforme Übermittlung von Röntgenbildern mit einem Klicksystem, Materialbestellung, Arbeitszeiterfassung und Terminvergabe. Wir sehen eine Spezialisierung der Programme im Bereich Mitarbeiterunterstützung und Workflow-Management. Zukünftig werden unterstützende KI-Systeme dabei helfen, Maßnahmen frühzeitig zu erkennen und Prozesse zu automatisieren, beispielsweise die Handhabung von Terminen, wenn ein Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt. Die Entwicklung geht klar in Richtung Praxismanagement und Organisation.

www.softdent.at

 

Oliver Rohkamm
Oliver Rohkamm
Immer auf der Suche nach neuen zahnmedizinischen Innovationen. Hat ein Faible für alles, was mit dem digitalen Workflow in der Zahnmedizin zu tun hat. Zusätzlich interessiert er sich für Computer und alles was zwei Räder hat. In der Freizeit ist er vor allem auf dem Motorrad, Rennrad oder Mountainbike zu finden.
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