Gastbeitrag von Mag. iur. Michaela Nill, Linz
Seit dem 01.07.2015 besteht die Möglichkeit für Vertragszahnärzte (wie auch für Vertragskieferorthopäden) ein Jobsharing einzugehen, um in bestimmten Lebenssituationen, die eine vorübergehende Einschränkung der persönlichen vertragszahnärztlichen Tätigkeit erforderlich machen – zeitlich begrenzt – einen Kassenvertrag mit einem zweiten Zahnarzt zu „teilen“, wobei die Rechte und Pflichten aus dem Kasseneinzelvertrag beim Vertragsinhaber verbleiben.
Grundlage des Jobsharings im zahnärztlichen Bereich ist eine bundesweit einheitliche gesamtvertragliche Vereinbarung, die zwischen der Österreichischen Zahnärztekammer und dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger abgeschlossen wurde. Diese gibt die Rahmenbedingungen vor, innerhalb derer maßgeschneiderte Lösungen für die jeweilige Jobsharing-Partnerschaft gefunden werden können. Es wurden in der gesamtvertraglichen Vereinbarung die folgenden Jobsharing-Fälle explizit vorgesehen:
- Kinderbetreuung durch den obsorgeberechtigten Vertragszahnarzt bis zum Schuleintritt der Kinder, wobei das Jobsharing in diesem Fall in mehreren Teil-Zeiträumen in Anspruch genommen werden kann und sich die Festlegung des Ausmaßes der persönlichen zahnärztlichen Tätigkeit auf jeweils den gesamten Teil-Zeitraum bezieht. Sind beide Elternteile Vertragszahnärzte, kann der Jobsharing-Zeitraum von beiden Elternteilen gemeinsam für dasselbe Kind nur einmal beansprucht werden, wobei während dieses Zeitraums ein mehrmaliger Wechsel zwischen den Elternteilen möglich ist, sich die Zeiten des Jobsharings der Elternteile aber nicht decken dürfen.
- Altersteilzeit für maximal 5 Jahre, wobei der frühestmögliche Beginn maximal 5 Jahre vor dem Erreichen des jeweiligen Regelpensionsalters nach dem ASVG liegt. Beim Jobsharing-Fall „Altersteilzeit“ ist bei Bekanntgabe des Jobsharings vom Vertragszahnarzt gegenüber allen Krankenversicherungsträgern, mit denen ein Einzelvertragsverhältnis besteht, eine unbedingte Kündigungserklärung abzugeben, die einen bestimmten einheitlichen Kündigungstermin (Ende des gewählten Jobsharing-Zeitraums) enthält. Im ersten Jahr nach Ausspruch der Kündigung kann diese widerrufen werden. Bei allen anderen Jobsharing-Fällen besteht der Kasseneinzelvertrag nach Ende des Jobsharings weiter.
Durch Änderung der gesamtvertraglichen Vereinbarung über das Jobsharing wurden 2018 neben den Fällen der Kinderbetreuung und der Altersteilzeit vier weitere Gründe geschaffen, die es ebenfalls ermöglichen, im Rahmen eines Jobsharings jeweils bis zu einer Dauer von maximal 5 Jahren zusammenzuarbeiten, wobei einzelne Varianten auch hintereinander konsumiert werden können:
- Ausbildung des Jobsharingpartners
Bei dieser Jobsharingvariante muss der Jobsharingpartner seine Ausbildung in den letzten zwei Jahren abgeschlossen und die Berechtigung zur selbständigen Ausübung des zahnärztlichen Berufes in Österreich (Eintragung in der Zahnärzteliste) erlangt haben. Diese Jobsharingvariante ermöglicht als einzige Jobsharingvariante, dass Vertragszahnarzt und Jobsharingpartner ausnahmsweise gleichzeitig anwesend sein können. Diese Regelung wurde vor dem Hintergrund geschaffen, dass der Jobsharingpartner die Möglichkeit haben soll, vom Vertragszahnarzt unmittelbar zu lernen. In welchem Umfang sich die Anwesenheitszeiten der beiden Zahnärzte maximal überschneiden dürfen, ist im Gesamtvertrag nicht geregelt, weshalb diesbezüglich im Einzelfall eine Bekanntgabe an die Krankenversicherungsträger zu erfolgen hat.
- Erkrankung des Vertragszahnarztes
Diese Variante des Jobsharings kann im Falle einer Erkrankung des Vertragszahnarztes, welche eine vollständige Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen längerfristig nicht mehr möglich macht, gewählt werden. Die Vorlage eines ärztlichen Attests zum Nachweis der Erkrankung ist erforderlich.
- Drohung oder Begünstigung einer Erkrankung
Wenn durch die vollständige Erfüllung der vertraglichen Pflichten nachgewiesen eine ernsthafte Erkrankung droht oder begünstigt wird, durch welche die vollständige Erfüllung der vertraglichen Pflichten nicht mehr möglich wäre, kann – ebenfalls unter Vorlage eines ärztlichen Attests – diese Jobsharingvariante gewählt werden.
- Berufliche zahnmedizinische Fort- oder Weiterbildung, deren zeitliche Inanspruchnahme so umfangreich ist, dass eine vollständige Erfüllung der vertraglichen Pflichten nicht mehr möglich ist.
Rahmenbedingungen für alle Jobsharing-Varianten
Der Vertragszahnarzt hat während des Jobsharings weiterhin mindestens 50 Prozent seiner vertraglichen Tätigkeit persönlich zu erbringen. Die Ordination hat nach den bisherigen gesamtvertraglichen Bestimmungen geöffnet zu sein. Die vereinbarten Ordinationszeiten sind jedenfalls einzuhalten, wobei sich die Ordinationszeiten und zahnärztlichen Tätigkeiten des Vertragszahnarztes und seines Jobsharinpartners (außer ausnahmsweise bei der Jobsharingvariante der Ausbildung des Jobsharingpartners) nicht decken dürfen. Durch das Jobsharing darf es zu keiner Erhöhung des Leistungsvolumens einer Kassenstelle kommen. Der Jobsharingpartner kann – vorausgesetzt dieser besitzt in Österreich eine aufrechte Berufsberechtigung – frei gewählt werden. Dieser kann von der Landeszahnärztekammer oder dem Krankenversicherungsträger nur in bestimmten gesamtvertraglich vorgesehenen Fällen abgelehnt werden. Der Jobsharingpartner darf während des Jobsharings jedenfalls keine eigene Kassenvertragsordination führen oder an der Ordinationsstätte des Vertragszahnarztes eine Wahlzahnarzttätigkeit ausüben. Beginn und Ende des Jobsharings und ein Wechsel in der Person des Jobsharingpartners sind grundsätzlich nur jeweils zu Beginn eines Quartals möglich. Es ist auch denkbar von einer Jobsharingvariante in eine andere zu wechseln, wenn wiederum die entsprechenden Fristen und Termine eingehalten werden.
Die Bekanntgabe des Jobsharings hat 3 Monate vor dem geplanten Beginn des Jobsharings durch eine schriftliche Mitteilung an Kammer und Kasse zu erfolgen (ein entsprechendes Formular ist auf der Homepage der jeweiligen Landeszahnärztekammer abrufbar). Vor jeder Begründung eines Jobsharings sowie auch im Falle eines geplanten Wechsels der Varianten sollte jedenfalls ein umfassendes Beratungsgespräch bei der zuständigen Landeszahnärztekammer stattfinden. Aus anwaltlicher Sicht empfiehlt es sich eine vertragliche Grundlage für das Jobsharing aufzusetzen, in welcher die Details des Jobsharings z.B. konkrete Vertretungsregelungen festgelegt werden. Im Falle einer geplanten späteren Ordinationsübernahme sollten auch Themen wie etwa Anschaffungen oder Ersatzinvestitionen bereits von Beginn an vertraglich geregelt werden.
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