Markus Pump: Du bist seit fünf Jahren selbstständig und setzt stark auf neue Technologien. Wie groß ist Euer Betrieb aktuell?
Manuel Gassner: Wir sind insgesamt sieben Mitarbeiter, davon sind zwei Lehrlinge. Wir setzen stark auf die Ausbildung von Zahntechnikern. Das ist uns extrem wichtig, weil wir gesehen haben, dass du ganz schwer Techniker kriegst, die wirklich was können. Da packen wir das Problem bei der Wurzel und bilden die Leute gleich selbst aus.
Markus Pump: Wie siehst du insgesamt die österreichische Lehrlingsausbildung? Findest du, dass die noch zeitgerecht ist oder könnte man da was verändern?
Manuel Gassner: Schade, dass das analoge Zahntechnikerhandwerk immer mehr vernachlässigt wird. Es ist ja ganz nett, wenn man in der Software per Knopfdruck halbwegs eine Zahnform vorgeschlagen bekommt, aber dann, wo liegen exakt die Kontaktpunkte? Das ist doch das Hauptproblem. Also, wenn da kein guter analoger Zahntechniker beim Designen ist, dann kommt da auch digital nichts qualitativ Hochwertiges raus. Es schaut zwar wie Zahnersatz aus, funktioniert aber nicht. Und das ist das Problem. Da sollten wir ansetzen. Das ist das, was fehlt, einfach das Analoge mehr einfließen lassen, auch wenn es nicht mehr ganz zeitgemäß erscheint. Aber gerade für das Verständnis ist das analoge Zahntechnikerhandwerk essentiell.
Das „alte“ analoge Wissen muss erhalten bleiben
Markus Pump: Man muss zusätzlich bedenken, dass ein Drittel aller Zahntechniker bald in die Pension geht. Die sind ja alle zwischen 1955 bis 1965 geboren und es werden stetig weniger. Wie empfindest du das? Glaubst du, dass dieses alte Wissen noch erforderlich ist, das da unwiderbringlich verloren geht?
Manuel Gassner: Auf alle Fälle. Das KnowHow ist unbezahlbar. Wenn ich mich mit älteren Zahntechnikkollegen treffe, höre ich immer ganz genau zu, um von dem Wissen und den Erfahrungen zu profitieren. Viele Techniken funktionieren seit 30 Jahren. Und so handhaben wir das auch in unseren Betrieb. Nur, weil wir ein CADCAM System haben, setzen wir nicht automatisch auf Zirkonkronen oder gefräste Sachen. Das wäre total falsch. Wir entscheiden patientenindividuell, aus welchem Materiell wir was am besten fertigen. Ob analog oder digital. Man muss da objektiv bleiben. Ich finde das „alte“ Wissen ist unbezahlbar. Wenn das verloren geht, ist das extrem schade. Daher ist es wichtig, dass das Wissen im Betrieb an die Lehrlinge weitergegeben wird und eben nicht ausstirbt.
Digitalisierung um Lehrlingsmangel auszugleichen
Markus Pump: Auch bei den Zahnmedizinern wird es ja eine sehr starke Pensionsflut geben. Es ist ja das Gleiche wie bei den Zahntechnikern.
Manuel Gassner: Das ist wieder sehr regionsbezogen. In manchen Regionen gibt es gar keine Probleme. Das ist standortabhängig. Bei uns in der Region ist es noch relativ gut. Und zum Thema Zahntechniker: Ja es ist ganz klar, du brauchst nur mit der Direktion der Berufsschule in Wien oder in Baden telefonieren wie die Zahlen zurückgegangen sind. Wichtig ist, wie viele bleiben. Da fallen ja noch über 50 Prozent weg und von den 50 Prozent noch einmal 20 Prozent. Da bleibt uns nichts anderes übrig als stärker auf die Digitalisierung zu setzen.
Markus Pump: Was wird das für einen Einfluss auf die Laborlandschaft haben?
Manuel Gassner: Ich glaube einfach, die Sache mit den kleinen Laboren wird sich über kurz oder lang aufhören. Es werden Zusammenschlüsse stattfinden. Es werden sich größere Labore platzieren und dann mit 20 bis 30 Mitarbeitern und aktueller digitalen Technik die Zahnärzte immer noch entsprechend versorgen können. Ich sehe das auch bei uns. Seit wir das neue CADCAM System (Ivoclar PM7) haben, ist die Arbeit für uns stressfreier geworden. Ich kann viel mehr Arbeit bewältigen, komme aber pünktlich nach Hause. Die Maschine bringt Ruhe ins Labor. Ich kann die Qualität reproduzierbar machen. Ich kann die Laborqualität steigern und auf einem gleichmäßigen Level halten.
Markus Pump: Stichwort Topqualität. Wie findest du die österreichische Meisterprüfung oder der Zahntechnikermeister in Österreich? Welche Chancen, welche Zukunft und und was muss er dazu tun, dass er ein richtiger Meister ist?
Manuel Gassner: Das ist ein schwieriges Thema und ich möchte jetzt auch niemandem auf den Schlips treten. Generell finde ich die österreichische Meisterprüfung wird immer leichter. Im Gegensatz zu der vor ein paar Jahren. Wenn man sich die aktuelle Meisterprüfung anschaut und die Frontkronen sind in Zirkonoxid, teilweise drei Stellen davon monolithisch, die muss man nur noch anmalen. Da geht es um gar nichts mehr. Im Seitenzahnbereich dann die Stegriegelarbeit, Konusarbeit, dass ist ein praxisfernes Werkstück, welches so nie hergestellt würde. Drei bis vier verschiedene Anmischverhältnisse der Einbettmasse für einen Guss. Vor 15 Jahren ist keiner einen Tag früher fertig gewesen. Oder fünf Stunden oder einen halben Tag früher. Was ich so von der letzten Prüfung gehört habe, sind so ziemlich alle früher fertig gewesen und durchgekommen. Was glaube ich nicht daran liegt das die Prüfungskandidaten immer besser werden, sondern die Prüfung immer leichter.
Markus Pump: Wie meinst Du das?
Ich möchte hier von niemandem die Leistung schmälern, finde diese Entwicklung aber sehr seltsam. Die Meisterprüfung sollte schon noch eine Hürde sein. Es soll nicht jeder, der sich die Kurse leisten kann, durchkommen können. Da sind Leute dabei, die dann in der Selbständigkeit voll einfahren. Zu einem richtigen Meister gehört nicht nur einfach eine Prüfungsarbeit abzulegen, sondern wirklich unter Stress im Alltag Qualität zu liefern. Das ist für mich ein wahrer Meister. Einer der wirklich alles kann und nicht nur mittels CAD-CAM eine 3D gedruckte Schienen per Knopfdruck herstellen kann. So wie aktuell das Kieferorthopädiemodul: Eine 3D geduckte Schiene. Was sagt das bitte über orthopädietechnische Fähigkeiten aus? Nichts, rein gar nichts.
Eine sauber kalkulierte hochqualitative Krone muss mindestens 300€ Kosten
Markus Pump: Topqualität muss einfach mehr kosten?
Manuel Gassner: Ich frage mich, wie teilweise gewisse Kollegen kalkulieren. Wenn ich Preise für eine monolithische Krone höre, sagen wir mal zwischen 80 und 100 Euro. Die Materialkosten in Österreich sind so ziemlich überall gleich, die Steuern auch. Die Kalkulation kann nicht aufgehen. Wenn ich jetzt in Österreich relativ leicht zum Meistertitel komme und dann keine Spitzenprodukte liefern kann, dann muss ich das letztendlich über den Preis machen. Das ist ganz klar.
Markus Pump: Warum sollte eine CADCAM gefertigte Krone günstiger sein?
Wenn, dann müsste sie eigentlich teurer sein. Ich muss das System kaufen, ich zahle Softwaregebühren, ich muss das bedienen können und so weiter und so fort. Wenn der Kronenpreis um die 100 Euro ist, dann kann ich meine Mitarbeiter auch nicht adäquat bezahlen. Ergo kriege ich keine guten Mitarbeiter. Es ist eine Abwärtsspirale und die schlägt sich dann wieder in der Gesamtqualität in Österreich wieder. Wir sind da momentan ganz gut dabei. Es gibt aber so einige Kollegen, die das so praktizieren und einfach teilweise in gewissen Regionen für wirkliche Toptechniker in der gleichen Region die Preise ruinieren und das ist extrem frustrierend. Ein Mindestpreis wäre hierfür eine Überlegung. Was sollte eine Krone mindestens kosten .(mit Luft nach oben) und die extra Leistungen?
Kommt beispielsweise der Patient zu mir zu individuellen Anpassung, dann ist es eine extra Leistung. Die soll auch extra verrechnet werden können. Ein Mindestpreis um die 300 Euro österreichweit wäre eine seriöse Kalkulation. Wenn der Betrieb einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaftet, wird der Mitarbeiter mehr verdienen. Ich kenne Leute die weit unter ihrem Wert abgespeist werden. Das ist ein Riesenproblem, das mich extrem stört. Es ist ja so ein schöner Beruf, aber teilweise die selbstgemachten Bedingungen, die wir aushalten müssen. Das finde ich nicht super. Da sind unter anderem die Preisdumper schuld. Die Labore müssen dann mit dem Preis unten hineinfahren, weil sie keine adäquate Qualität liefern können.
Ab einer Betriebsgrösse von 5 Mitarbeitern sollten Lehrlinge verpflichtend sein
Markus Pump: Die Qualität, die ich liefere, ist meine Visitenkarte und so trete ich auch am Markt auf. Ist das das Leitbild für die Lehrlingsausbildung?
Manuel Gassner: Ja, deswegen ist die Lehrlingsausbildung so wichtig, den Lehrling krieg ich mit 15 Jahren. Da ist der Charakter noch gut zu formen. Den fordere und fördere ich von 15 bis 19 so lange der bei mir in der Firma ist. „Super, du kannst das gut“ oder „Da müssen wir noch was tun“. Den richte ich mir her, dass er eine Charakterpersönlichkeit wird. Dann weiß er einfach, was er kann. Der geht selbstbewusst zur Lehrabschlussprüfung hin und fragt sich nicht, ob er durchkommt. Der sagt, ich schaff das. Meiner Meinung nach sollte es verpflichtend sein ab einer gewissen Grösse Lehrlinge aufzunehmen. Ab fünf Personen mindestens einen Lehrling, ab zehn der zweite. Da sollte es einen verpflichtenden Schlüssel geben.
Markus Pump: Wie beim Fussball. Wenn Du eine Kampfmannschaft hast, dann musst auch eine Nachwuchsmannschaft haben…
Manuel Gassner: …ganz genau. Fussball ist das beste Vorbild dafür. Und die Topleute werden immer Arbeit haben. Wir haben genug Arbeit. Kunden akquirieren? Das hat es bei uns nie gegeben. Die Kunden rufen bei uns an, stellen sich vor und fragen: „Können wir mit ihnen zusammenarbeiten?“ Dann schauen wir uns das zusammen an und dann läuft es. So soll es sein. Ich finde das ist ein Qualitätsmerkmal, welches nur mit top ausgebildeten Leuten umgesetzt werden kann.
Markus Pump: Was sind deine Wünsche für die Zukunft?
Manuel Gassner: Im Grunde genommen ist es einfach. Wenn jemand die Liebe zum Beruf hat und etwas gerne tut, dann braucht es nicht viel mehr. Dann liefert man automatisch gute Qualität und bildet sich fort. Fortbildungen und immer wieder mal über den Tellerrand schauen. Auch wenn man meint, man ist ein super Zahntechniker. Es gibt immer noch Leute, die noch besser sind. Perfekt ist man ohnehin nie. Mehr netzwerken untereinander. Es gibt speziell in Österreich sehr viele gute Kollegen mit denen man sich austauschen sollte. Das ist für mich das Wichtigste. Und eine Liebe zum Beruf, dann hat man schon halb gewonnen.
Markus Pump: Würdest Du sagen, Dein Beruf ist Dein Hobby?
Manuel Gassner: Ja, das darf jetzt mal meine Frau nicht hören, aber es ist so.
KONTAKT
Zahnmanufaktur Ges.b.R.
Die Zahnmanufaktur Ges.b.R. gibt es seit 2015 und wurde von den beiden ZTM Manuel Gassner und Gerald Föger gegründet. Neben den Gründern beschäftigt die Firma sieben weitere Mitarbeiter.
ZTM Manuel Gassner
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gassner@die-zahnmanufaktur.at
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