Dentale Revolution: Prof. Dr. Werner Birglechner enthüllt in diesem Interview die Geheimnisse des Erfolgs in der Dentalassistenz! Von versteckten Karrierechancen bis zu lukrativen Weiterbildungswegen – erfahren Sie, wie Sie sich und Ihre Praxis auf das nächste Level heben können. Dr. Birglechner deckt auf, warum qualifizierte Prophylaxe-Assistentinnen der Schlüssel zu mehr Profit und Patientenzufriedenheit sind. Verpassen Sie nicht seine Insider-Tipps zu Kosten und Finanzierung. Ein Must-Read für jeden zukunftsorientierten Zahnarzt und jede ambitionierte Assistentin!
dental JOURNAL: Viele Zahnärzte beklagen sich über den Mangel an Assistentinnen im ZASS- und PASS-Bereich. Nicht nur finden sie wenige, sondern viele brechen auch die Ausbildung ab. Drei Punkte sind den Assistenten wichtig: Wertschätzung in der Praxis, Geld und Perspektiven. Welche aktuellen Wege hat eine ZASS in Österreich, sich weiterzubilden?
Werner Birglechner: Da gibt es eine ganze Menge im Bereich der Prophylaxe, aber kurz zu Ihrer Einleitung. Wir beobachten auch, dass es hohe Fluktuation gibt und große Schwierigkeiten, Stellen in der zahnärztlichen Assistenz und in der Prophylaxe zu besetzen. Es geht sogar so weit, dass es inzwischen in Deutschland als Mangelberuf geführt wird, was es zum Beispiel erleichtert aus dem Ausland entsprechend qualifiziertes Personal zu akquirieren. Sie haben gesagt, die Perspektive ist eines der Punkte, neben Geld, Wertschöpfung, die Menschen im Beruf halten oder in einen Beruf erstmal hineinführen. Und das sehen wir genauso. In unserer Schulungspraxis mit 25 zahnärztlichen Behandlungsstühlen sollten zum Beispiel fünf Auszubildende anfangen. Nicht eine einzige ist erschienen. Und wir reden hier noch von einer Praxis, die extrem gut etabliert ist und auch gute Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Die Situation in Deutschland und Österreich ist da sehr ähnlich. In Österreich gibt es im Gegensatz zu Deutschland eine gesetzliche Regelung für die Prophylaxe-Assistentin (PASS) mit 144 Stunden Fortbildung nach der ZASS. Was heißt das? Man muss die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, wenn man die Ausbildung anbieten möchte bzw. wenn man als PASS auftreten möchte. Wenn sie den Titel PASS in Österreich führen wollen, dann müssen Sie einen entsprechenden Kurs besucht haben. Man muss aber sagen, dass man in 144 Stunden natürlich nicht die ganze Breite an Prophylaxe-Kompetenz vermitteln kann. Es ist ein klar definiertes Portfolio, das man dort erlernt, und es ist meines Erachtens ein sehr guter Einstieg in die Prävention. Aber man muss auch ganz ehrlich sagen, mehr auch nicht. Es ist und bleibt ein Einstieg.
Aber es gab doch in Österreich bereits Anstrengungen Ausbildungen jenseits der PASS zu implementieren?
Korrekt. Wir hatten damals auch mit dem Ministerium Kontakt. Leider ist die gesetzliche Regelung zur Dentalhygienikerin auf den letzten Metern im Gesetzgebungsprozess verhungert bzw. nicht umgesetzt worden. Den Entwurf gab es. Der Entwurf ist von vielen Seiten im Rahmen der Akademisierung von Gesundheitsberufen befürwortet worden. Aber der Entwurf ist auch von einigen Seiten heftig kritisiert worden. Und Österreich wäre in Anführungsstrichen vollständig gewesen. Denn Österreich hat vor vielen Jahren die Vollakademisierung von einzelnen Gesundheitsberufen beschlossen. Und dabei ist die Dentalhygienikerin leider rausgefallen. Sonst hätten wir heute eine akademische Dentalhygienikerin in Österreich. Und momentan sieht es nicht danach aus, dass es da Korrektur gibt.
Aber es gibt die DH zahlreich im Ausland. Können Sie vielleicht kurz erläutern, was die Dentalhygienikerin (DH) für Vorteile hätte, aus Sicht des Zahnarztes, der Assistentin oder des Patienten?
Die größten Vorteile einer qualifizierten Dentalhygienikerin oder Prophylaxe-Assistentin ergeben sich für den Zahnarzt. Der Grund dafür ist, dass er einen bedeutenden Bereich der Zahnheilkunde an kompetentes Personal delegieren kann, wodurch er sich verstärkt den therapeutischen Aufgaben widmen kann. Diese reichen von Füllungen bis hin zu prothetischen und implantologischen Behandlungen. Grundlage all dieser Behandlungen ist eine seriöse präventive Zahnheilkunde. Im Gegensatz zur interventionellen Zahnheilkunde, bei der der Zahnarzt beispielsweise eine Kavität füllt und die Behandlung damit abgeschlossen ist, stellt die Prävention ein kontinuierliches Betreuungsthema dar. Dieses Dauerthema ist bei Dentalhygienikerinnen oder Prophylaxe-Assistentinnen in besseren Händen, da sie die Patienten langfristig präventiv betreuen können. Folglich ist es für den Zahnarzt von enormem Vorteil, wenn er diese Aufgaben an qualifiziertes Personal delegieren kann. Die Vorteile sind nicht nur organisatorische Natur, sondern vor allem auch finanzieller Art. Als Zahnarzt und Betriebswirt, der früher Seminare zu diesem Thema gegeben und entsprechende Kalkulationen erstellt hat, kann ich bestätigen, dass die Delegation präventiver Leistungen in der Praxis ein äußerst lukratives Geschäft darstellt. Es erfordert jedoch zu Beginn etwas mehr Geduld und Zeitinvestition, um dieses „Geschäft“ aufzubauen. Es ist notwendig, anfänglich mehr Zeit zu investieren, um Patienten für präventive Konzepte dauerhaft zu gewinnen. Langfristig zahlt sich dies jedoch in enormem Maße aus – nicht nur in Bezug auf die Patientenbindung, sondern eben auch finanziell. Dies lässt sich sehr gut nachweisen.
Der dritte wesentliche Aspekt ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Es ist für eine Mitarbeiterin äußerst motivierend, in einem Bereich tätig zu sein, in dem sie weitgehend selbstständig agieren kann. Selbstverständlich erfolgt dies stets im Rahmen der Delegation durch den Zahnarzt, der die fachliche Aufsicht innehat. In der Praxis ist es jedoch üblich, dass ein Zahnarzt, der ein oder zwei Prophylaxezimmer betreibt, nur dann anwesend ist, wenn eine Supervision erforderlich ist. Eine ständige Überwachung während der Behandlung ist ja nicht gefordert. Diese Arbeitsweise ermöglicht ein hohes Maß an Eigenständigkeit und macht die Tätigkeit sehr attraktiv. Dies trägt dazu bei, dass der Beruf der Dentalhygienikerin in vielen Ländern als einer der zufriedenstellendsten gilt und oft an erster Stelle in Bezug auf die Arbeitszufriedenheit steht.
Kommen wir zu den Einstiegsmöglichkeiten. Sie haben von Bozen und Deutschland gesprochen. Können wir da jetzt ein bisschen tiefer einsteigen?
Diejenigen, die sagen, die PASS ist ein schöner Einstieg, aber es reicht mir eigentlich nicht, ich will ein bisschen weiter vorkommen, müssen ins Ausland gucken z.B. nach Bozen. Dort können sie an der dortigen Hochschule Dentalhygiene studieren. In Deutschland haben sie als PASS oder überhaupt als ZASS eine Reihe von Möglichkeiten, sich zu qualifizieren. In Deutschland bieten wir an 14 Standorten die ZMP-Ausbildung an. ZMP steht für Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin. In Süddeutschland treffen wir regelmäßig Österreicherinnen in unseren Kursen. Die ZMP hat einen Stundenumfang von 400 Stunden, also deutlich mehr als die PASS. Die Kompetenzen, die vermittelt werden, gehen wesentlich weiter als bei der PASS. Darauf aufbauend gibt es die Dentalhygiene-Ausbildung mit 800 Stunden. Das heißt, in der Summe hat man dann 400 plus 800 Stunden, dann sind wir bei 1.200 Stunden. Wir haben mittlerweile schon so viele ZMPs, österreichische ZMPs ausgebildet, dass es eben immer wieder ein, zwei Teilnehmerinnen aus Österreich in dem Dentalhygienekurs und auch im Studium gibt. Aufgrund der Nachfrage den Praxisausfall möglichst gering zu halten, haben wir inzwischen ein Kursformat entwickelt, bei dem die Theorie weitgehend online vermittelt wird und die praktische Ausbildung an drei Standorten stattfindet. Das macht es auch für Österreicherinnen leichter teilzunehmen. Sie können von Wien aus ihre Theorie lernen, müssen eine Woche nach Heidelberg kommen und sind dann aber immer zur praktischen Ausbildung in München. Das ist gut leistbar.
Sie haben auch von einer DH-Ausbildung gesprochen, die mit einem Bachelor of Science abschließt. Können Sie das näher erläutern?
Es ist wichtig, den globalen Standard in der Ausbildung zur Dentalhygiene zu berücksichtigen. In Ländern wie Südafrika, Italien und Portugal ist diese Ausbildung bereits seit über 40 Jahren als Bachelorstudiengang etabliert. In Italien beispielsweise bieten 39 Hochschulen diesen Studiengang an. Auch in ganz Skandinavien ist die Dentalhygiene als Studium organisiert, das mit einem Bachelor of Science abschließt. Es handelt sich also keineswegs um eine ungewöhnliche Situation. In Deutschland wurde der Studiengang 2012 von mir in Köln eingeführt und wird dort erfolgreich fortgeführt. 2019 habe ich einen weiteren Standort in Heidelberg gegründet, an dem man ebenfalls den Bachelor of Science in Dentalhygiene erwerben kann. Dieses Studium umfasst je nach Berechnungsmethode 4.500 bis 5.400 Stunden, was es auf ein deutlich höheres akademisches Niveau hebt. Unsere Absolventenbefragungen zeigen, dass für fast ein Drittel der Absolventen der Karriereweg nicht mit dem Bachelor in Dentalhygiene endet. Viele streben einen Master an, beispielsweise in Ernährungstherapie, Berufspädagogik oder Praxismanagement. Dies eröffnet ihnen langfristig attraktive Positionen in Zahnarztpraxen. Besonders die Ernährungstherapie in der Zahnarztpraxis sehe ich als großes Zukunftsfeld. Mit einer Zusatzqualifikation in Ernährungstherapie können Dentalhygieniker Ernährungsberatung anbieten und so ein eigenes Tätigkeitsfeld in der Praxis schaffen. Einige unserer Absolventen kombinieren bereits ihr Dentalhygienestudium mit einer Ernährungsberatung in der Zahnarztpraxis. Diese ganzheitliche Herangehensweise an die Zahnmedizin ist fachlich äußerst sinnvoll. Die Forschung zeigt zunehmend die enge Verbindung zwischen Ernährung, Entzündungsprozessen und Mundgesundheit. Man kann sogar behaupten, dass eine Parodontitistherapie ohne Ernährungsberatung als unvollständig betrachtet werden muss. Die Wechselwirkungen sind beträchtlich: Eine Ernährung reich an kurzkettigen Kohlenhydraten, wie sie in Fast Food vorkommt, erhöht das Risiko für entzündliche Prozesse im Körper, die wiederum zur Entstehung einer Parodontitis beitragen können.
Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass viele Studenten diese Zusammenhänge erkennen und sich für eine Weiterbildung im Bereich der Ernährungsberatung und -therapie entscheiden.
Was den Unterschied zwischen Prophylaxe-Assistentin und DH betrifft, dachte ich, dass nur die DH eigenverantwortlich subgingival arbeiten darf. Die Zahnärztekammer sagte mir aber, dass unter Anleitung des Zahnarztes auch eine Prophylaxe-Assistentin subgingival arbeiten darf. Stimmt das?
Das Zahnheilkundegesetz in Österreich gibt das her. Der Zahnarzt übernimmt in diesem Moment die Verantwortung. Er hat die Aufsichtspflicht und auch die Pflicht sicherzustellen, dass die Dame, die die Leistung ausführt, entsprechend qualifiziert ist. Wenn ich mir jetzt eine PASS anschaue, dann hat eine PASS keinerlei Erfahrung in der subgingivalen Instrumentierung. Null Erfahrung. Das ist einfach nicht Bestandteil des Kurses. Das heißt, an eine PASS, die keine weitere Qualifikation durchlaufen hat, etwas zu delegieren, was sie gar nicht gelernt hat, ist ein Fall für einen Richter. Wenn es vor Gericht geht, ist das Erste, was der Richter fragt: „Zeigen Sie mir mal die Nachweise der fachlichen Qualifikation, dass die Mitarbeiterin subgingival instrumentieren konnte.“ Wenn dann nur ein PASS-Zertifikat aus der Schublade gezogen wird mit 144 Stunden und nicht mit einem Wort die subgingivale Instrumentierung auf diesem Kompetenzprofil draufsteht, dann ist der Zahnarzt in der Dokumentationspflicht nachzuweisen, dass seine Mitarbeiterin diese Kompetenzen irgendwo qualitätsgesichert erworben hat.
Wird die weiterführende Ausbildung in der Praxis auch monetär honoriert?
Im Gespräch mit den Teilnehmerinnen – eine Gelegenheit, die ich aufgrund meines persönlichen Interesses an Österreich als gebürtiger Österreicher gerne nutze – erfahre ich regelmäßig, dass sie aus Zahnarztpraxen kommen, die ihre Weiterbildung nicht nur finanziell honorieren, sondern auch in hohem Maße wertschätzen. Es ist erfreulich zu beobachten, dass in den meisten Fällen die Zahnärzte aktiv den Wunsch äußern, dass ihre Mitarbeiterinnen diese Ausbildung in Deutschland absolvieren, da eine vergleichbare Möglichkeit in Österreich nicht existiert.
Was würden Sie einer Assistentin in Österreich raten, die sich weiterbilden will?
Wir sehen einen Trend, dass viele Zahnärzte die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter als wichtige Säule für die Praxis erkennen. Es gibt Möglichkeiten in Deutschland, wie die ZMP- oder DH-Ausbildung oder das Dentalhygiene-Studium. Unsere Teilnehmerzahlen im Bereich der Dentalhygiene haben sich in den letzten vier, fünf Jahren verdreifacht. Das zeigt, dass es für Zahnärzte äußerst attraktiv ist, die Mitarbeiterinnen entsprechend zu qualifizieren.
Können Sie etwas zu Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten sagen?
Die PASS-Ausbildung in Österreich kostet etwa 3.500 Euro. Die ZMP-Ausbildung in Deutschland kostet etwa 4.500 Euro. Also wenn man jetzt vergleicht, es ist das Dreifache in Stunden und kostet gerade mal 1.000 Euro mehr, dann ist das natürlich finanziell deutlich günstiger. Allerdings kommt dann noch dazu, dass man sich ein Instrumentenset kaufen muss. Bei der PASS in Österreich müssen die Instrumente gestellt werden. Das ist ein bisschen ein Unterschied. Die Aufstiegsfortbildung zur Dentalhygienikerin kostet etwa 9.500 Euro. Ein Studium kostet etwa 15.000 Euro für zwei Jahre, was sich auf etwa 650 Euro im Monat beläuft. Wichtig zu wissen ist, dass Fortbildungskosten in der Regel steuerlich absetzbar sind. Man kriegt im Regelfall 30-40 Prozent dieser Kosten zurück. Bei uns zahlt etwa die Hälfte der Teilnehmer die Kosten selbst, bei der anderen Hälfte übernimmt die Praxis die Kosten. Es gibt auch Mischmodelle und die Möglichkeit zur Ratenzahlung.
Sie haben das Schlußwort…
Ich rate den Mitarbeiterinnen, ihre Karriereplanung für sich selbst zu machen und mit dem Zahnarzt ins Gespräch zu gehen. Man kann Bindungsklauseln vereinbaren, zum Beispiel sich für zwei Jahre nach dem Studium an die Praxis zu binden. Wenn eine Praxis die Weiterbildung gar nicht unterstützt, bleibt nur die Suche nach einer Alternative. Es gibt Praxen, die auf Wertschätzung, bessere Bezahlung und Aufstiegsperspektiven für ihre Mitarbeiter Wert legen. Unterm Strich motivieren wir die Mitarbeiterinnen, selbst auf ihre Karriere zu schauen, idealerweise im Konsens mit dem Zahnarzt.