StartPodcast🎙️ FOLGE #39: Schnarchen - Mehr als nur ein lästiges Geräusch

🎙️ FOLGE #39: Schnarchen – Mehr als nur ein lästiges Geräusch

Ein Interview mit der tiroler Zahntechnikerin Patrizia Rauch, die sich auf Kieferorthopädie spezialisiert hat und mittlerweile Kunden aus ganz Österreich betreut

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Schnarchen wird oft als harmloses Ärgernis abgetan, das höchstens den Partner stört. Doch die Realität sieht anders aus: Schnarchen kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die selbstständige Zahntechnikerin Patrizia Rauch hat sich auf die Anfertigung individueller Schnarchgeräte spezialisiert und erklärt im Interview, warum Schnarchen ein Warnsignal des Körpers ist.

Schnarchen ist mehr als ein Partnerschaftsproblem

Oliver Rohkamm: Patrizia, du bist seit zweieinhalb Jahren selbstständige Zahntechnikerin und hast dich auf Schnarchgeräte spezialisiert. Viele denken beim Thema Schnarchen: „Ist zwar nervig für den Partner, aber ansonsten harmlos.“ 

Patrizia Rauch: Das ist ein gewaltiger Irrtum! Was die Leute brutal unterschätzen ist, dass Schnarchen wie eine Warnleuchte beim Auto ist – ein Symptom dafür, dass etwas nicht stimmt. Viele sagen: „Mich stört es ja nicht, nur meinen Partner.“ Aber das ist objektiv nicht richtig. Der Schlaf ist nicht einfach nur „abschalten“, sondern eine aktive Erholungsphase mit vier wichtigen Phasen, die der Körper braucht.

Kannst du das näher erklären?

Gerne! Der Schlaf besteht aus der Einschlafphase, Leichtschlafphase, Tiefschlafphase und der REM-Phase. Diese Zyklen durchlaufen wir vier bis fünf Mal pro Nacht. In der Tiefschlafphase werden lebenswichtige Hormone wie Melatonin und Leptin gebildet – das ist essentiell für die physische Erholung. In der REM-Phase, wo wir träumen, erholt sich unser Geist. Beim Schnarchen wird man permanent aus diesen Phasen gerissen.

Welche konkreten Auswirkungen hat das?

Stellen Sie sich vor: Sie schlafen acht Stunden, sind aber trotzdem total müde. Oder Sie haben nach einer Nacht das Gefühl, Sie könnten alles essen – von Fett bis Süßigkeiten. Das liegt am Hormon Ghrelin, dem Hungerhormon. Wenn wir zu wenig erholt schlafen, produziert das Gehirn mehr davon, weil es Energie braucht. Gleichzeitig wird das Sättigungshormon Leptin nur in der Tiefschlafphase gebildet.

Das klingt nach einem Teufelskreis…

Patrizia: Genau das ist das Gemeine daran! Übergewicht verstärkt das Schnarchen, weil sich auch im Halsbereich Fettzellen anlagern. Schlechter Schlaf führt zu Heißhunger, man nimmt zu, schnarcht noch mehr. Und man hat gar nicht die Kraft abzunehmen, weil das Gehirn permanent nach Energie schreit. Langfristig kann das zu Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall führen – sogar zu Potenzproblemen, weil der Körper über Jahre und Jahrzehnte unterversorgt wird.

Wird das Problem mit dem Alter schlimmer?

Definitiv. Man darf nicht vergessen: Nase und Zunge wachsen weiter, das Gewebe wird weicher. Bei Frauen im Wechsel ist das besonders problematisch, weil durch den Östrogenmangel das Gewebe noch weicher wird. Viele Frauen fangen dann erst an zu schnarchen. Dazu kommt, dass oft Beruhigungsmittel verschrieben werden, die das Gewebe zusätzlich entspannen.

Wie entsteht das Schnarchgeräusch?

Wie entsteht denn das Schnarchgeräusch überhaupt?

Das hat verschiedene Ursachen. Normalerweise atmen wir durch die Nase und nehmen dabei bis zu 10% mehr Sauerstoff auf. Ist die Nase blockiert – durch Allergien, Polypen oder eine verkrümmte Nasenscheidewand – atmen wir durch den Mund. Dazu kommt die Anatomie: Bei einer Klasse-2-Bissart liegt das Unterkiefer weiter zurück. Im Schlaf entspannt die Muskulatur, das Unterkiefer rutscht noch weiter zurück, der Rachenraum verengt sich dramatisch. Aus einem Gartenschlauch wird praktisch ein Röhrl. Die Luft strömt schneller, das Gaumensegel vibriert – und schon haben wir das Schnarchgeräusch.

Alkohol und Nikotin verstärken das Problem noch?

Absolut! Alkohol, Nikotin und auch Psychopharmaka – selbst pflanzliche Beruhigungsmittel – lassen das Gewebe noch mehr erschlaffen. Das ist wie ein Verstärker für das Schnarchen. Deshalb rate ich immer: Ein Bier zum Einschlafen ist kontraproduktiv.

Die professionelle Lösung: Individuelle Schnarchgeräte

Was kann man dagegen tun? Es gibt ja unzählige Produkte im Internet...

Bitte nicht! Um Himmels willen, ich habe Patienten erlebt, die sich über Amazon oder andere Plattformen Schnarchgeräte bestellt haben. Die hatten danach wahnsinnige Kiefergelenksprobleme und Zahnschäden, weil nichts individuell angepasst war. Das macht mehr Schäden als es hilft.

Was ist dann die richtige Lösung?

Professionelle Schnarchgeräte. Das sind zwei individuell angefertigte Schienen für Ober- und Unterkiefer, die mit einem Mechanismus verbunden sind. Dieser schiebt das Unterkiefer kontrolliert nach vorne, sodass der Rachenraum geöffnet bleibt. Es ist eigentlich eine ganz simple mechanische Lösung für ein mechanisches Problem.

Wie läuft die Anfertigung ab?

Zuerst empfehle ich eine Abklärung beim HNO – gibt es Polypen, Allergien oder andere Ursachen? Dann geht es zum Zahnarzt, idealerweise zu einem Spezialisten. Wichtig ist: Alle Zahnprobleme sollten vorher behoben sein. Ich arbeite mit digitalen Scans oder klassischen Abdrücken und fertige das Gerät individuell an.

Was ist das Besondere an deiner Arbeitsweise?

Ich mache meine Geräte anders als viele Kollegen. Standard-Geräte sind oft nur „zahngetragen“, das heißt, der Zug wirkt nur auf die Zähne. Das kann über Jahre zu Problemen führen – lockere Kronen, Randspalte. Ich fertige meine Geräte so an, dass sie viel Abstützung am Knochen haben. Das gibt eine bessere Druckverteilung und verhindert Zahnschäden. Kommt aus meiner Kieferorthopädie-Erfahrung.

Wie ist die Gewöhnung?

Das mache ich immer in mehreren Einstellungen. Wenn das Unterkiefer nach vorne geschoben wird, werden Muskeln und Bänder gedehnt. Zu viel auf einmal bedeutet Muskelkater und Schmerzen. Deshalb starte ich moderat und stelle nach vier Wochen eventuell nach, wenn nötig. Je schlanker der Patient, desto einfacher. Bei Übergewicht braucht es manchmal mehr Arbeit.

Ist das nicht unangenehm zu tragen?

Im Gegenteil! Es ist wirklich erschreckend, wie schnell es wirkt. Ich hatte kürzlich eine Patientin – sie hatte vorher ein CPAP-Gerät verwendet – die in der ersten Nacht mit dem Schnarchgerät sieben Stunden durchgeschlafen hat. Das erste Mal seit Jahren! Sie war sofort viel erholter, leistungsfähiger und motivierter. Manche Patienten nehmen sogar ab, weil sie endlich erholt schlafen und die Hormonproduktion wieder funktioniert.

Was bekommen die Patienten alles mit?

Ich bin da sehr pingelig. Jeder Patient bekommt ein komplettes Starterpaket: eine ausführliche Pflegeanleitung, biologische Dentalseife aus der Steiermark, Sicherheitshaken falls sie sich verletzen sollten, und genaue Anleitungen fürs Ein- und Aussetzen. Das ist mein „Schwindelzettel“, weil man in der Aufregung vieles vergisst.

Was kostet so eine Behandlung?

Man muss mit 1.300 bis 1.400 Euro rechnen. Die Krankenkasse übernimmt leider nichts. Aber wenn man bedenkt, welche Folgekosten durch unbehandeltes Schnarchen entstehen können – Herz-Kreislauf-Probleme, Diabetes, die ganzen Auswirkungen auf die Partnerschaft – ist das eine Investition in die Gesundheit.

Worauf sollten Interessierte achten?

Suchen Sie sich einen Zahnarzt oder Zahntechniker, der sich wirklich auf Schnarchgeräte spezialisiert hat. Nicht jeder ist mit der komplexen Materie vertraut. Es geht nicht nur um die Anfertigung, sondern auch um die richtige Einstellung und Nachbetreuung. Und lassen Sie vorher unbedingt alle anderen Ursachen abklären.

Patrizia, vielen Dank für diese sehr aufschlussreichen Einblicke in deine Arbeit. Wer sich für ein Schnarchgerät interessiert, kann sich direkt bei dir melden?

Ja, gerne, jederzeit. Ich berate ausführlich und schaue mir jeden Fall individuell an.

KFO Manufaktur GmbH
Pati Rauch
+43 650 4453476 oder
kfo.manufaktur.pati@gmail.com

Das vollständige Interview mit Patrizia Rauch über die komplexen Zusammenhänge zwischen Schnarchen, Hormonen, Schlafqualität und die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten hören Sie in der aktuellen Folge des dental JOURNAL Podcasts.

Oliver Rohkamm
Oliver Rohkamm
Immer auf der Suche nach neuen zahnmedizinischen Innovationen. Hat ein Faible für alles, was mit dem digitalen Workflow in der Zahnmedizin zu tun hat. Zusätzlich interessiert er sich für Computer und alles was zwei Räder hat. In der Freizeit ist er vor allem auf dem Motorrad, Rennrad oder Mountainbike zu finden.
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