it einer Landmasse, die in einem Flächenvergleich von Portugal im äußersten Westen Europas bis zur russischen Grenze im Osten sowie von Sizilien bis zu den skandinavischen Ländern reicht, zählt Australien eine Bevölkerung von etwas mehr als 25 Millionen Menschen. Im ganzen Land gibt es neun zahnmedizinische Hochschulen, etwa ein Viertel der australischen Zahnärzte hat jedoch im Ausland ihrer Ausbildung gemacht. Rund 18‘000 Zahnärzte sind beim «Dental Board of Australia» registriert.
Dr. Mark Hutton, bevor wir über Zahnmedizin in Ihrem Land sprechen, möchten wir gerne wissen, wie Sie zur Zahnmedizin gekommen sind.
Ich hatte eine Ausbildung im Sinn, bei welcher ich meine Hände benutzen und mit Menschen arbeiten konnte. Genau zu jener Zeit, als ich meinen Antrag für die Zulassung zum Studium eingeben musste, war ich zur Routinekontrolle bei meinem Zahnarzt. Dieser meinte, dass die Zahnmedizin doch eine Überlegung wert sein könnte. Es ist eine Entscheidung, die ich nie bereut habe, und ich fühle mich privilegiert, einen so großartigen und fürsorglichen Beruf ausgeübt zu haben.
Heißt das, dass Sie in Rente sind?
Nach meinem Universitätsabschluss kehrte ich in meine Heimatstadt im ländlichen Südaustralien zurück. Dort fing ich bei einem erfahrenen Zahnarzt an, dessen Praxis ich schließlich kaufte und 46 Jahre lang als allgemeine, ländliche Praxis führte. Kürzlich habe ich diese verkauft, arbeite aber weiterhin zwei Tage die Woche dort.
Fangen wir also «offiziell» an: Wie ist Zahnmedizin in Australien organisiert?
Die meisten zahnärztlichen Leistungen, das heißt rund 85% der Behandlungen, werden von Privatpraxen erbracht. Generell belaufen sich die Gesundheitsausgaben für zahnärztliche Versorgung in Australien auf jährlich rund 10 Milliarden US-Dollar, wobei etwa 60 % dieser Kosten von den Patienten getragen werden, die restlichen 40 % der Ausgaben geht zu Lasten von privaten Krankenkassen und dem Staat.
Was ist mit dem öffentlichen Gesundheitssystem?
Bei einem Regierungsmodell wie dem unseren, werden die meisten öffentlichen, zahnärztlichen Leistungen von den einzelnen Bundesstaaten und Territorien erbracht. Hinzu kommen Programme, die vom Commonwealth finanziert werden. Das Ministerium für Veteranenangelegenheiten, zum Beispiel, kümmert sich um die zahnärztliche Versorgung der ehemaligen Soldaten sowie ihrer Angehörigen, das Gesundheitsministerium finanziert Pädiatrie-Programme etwa für Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten. Auf nationaler Ebene können die Inhaber von Gesundheitskarten sowie Rentner und Kinder öffentliche Kliniken für ausgewählte allgemeine zahnärztliche Behandlungen aufsuchen. Alternativ kann die Behandlung über ein Gutscheinsystem an teilnehmende private Zahnkliniken ausgelagert werden.
Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach die Mundgesundheit in der australischen Bevölkerung?
Viele Australier wissen um die Bedeutung einer guten Mundgesundheit und kümmern sich um ihre Zähne und ihr Zahnfleisch, aber der Besuch einer Zahnartpraxis hängt schlussendlich von ihrer Zahlungsfähigkeit ab. Daher hängt die Mundgesundheit der australischen Bevölkerung stark vom sozialen respektive wirtschaftlichen Umfeld ab. Wenn die Menschen keinen Anspruch auf staatliche Leistungen haben, neigen viele dazu, die zahnärztliche Versorgung hinauszuzögern oder zu vermeiden. 2018/20219 vermied oder verzögerte jeder dritte Australier über 15 Jahre den Zahnarztbesuch aus Kostengründen.
Gibt es Patienten, für die eine gute Zahnmedizin ein Problem darstellt?
Menschen, die in abgelegenen Landesteilen leben sowie gefährdete Bevölkerungsgruppen wie etwa Menschen mit Behinderungen oder Bewohner von Altersheimen weisen oftmals eine schlechte Mundgesundheit aus und haben nur schwer Zugang zu einer zahnmedizinischen Behandlung. Dies gilt besonders auch für die Ureinwohner oder Geringverdiener, bei welchen Risikofaktoren für Karies, Parodontitis oder gar Mundkrebs überrepräsentiert sind.
Was ist mit den Kindern?
Der sogenannte «zahnmedizinische Kindergeld-Plan» ist eine Initiative, die sich bewährt und vielen Kindern sowie Jugendlichen den Zugang zu zahnärztlicher Behandlung ermöglicht hat. Das Programm wird jedoch von der Commonwealth-Regierung nur unzureichend beworben, und die Teilnahmequoten bleiben unter 40 %. Die Commonwealth-Regierung sollte mehr tun, um sie zu fördern.
Weshalb sind Sie dieser Meinung?
Die ADA ist der Ansicht, dass solche Programme eingesetzt werden sollten, um den frühzeitigen Zugang zur zahnärztlichen Versorgung für Bevölkerungsgruppen, die sie am dringendsten benötigen, zu fördern.
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Ernährung?
Getränke und Lebensmittel mit hohem Zuckergehalt stellen weiterhin eine Bedrohung für die allgemeine Gesundheit und die Mundgesundheit der Australier dar. Entscheidend sind Maßnahmen zur Verbraucheraufklärung, die ein Umdenken im Essverhalten fördern. Die ADA arbeitet daran, die Kennzeichnung von Lebensmitteln und Getränken zu verbessern, um den verwendeten Zucker eindeutig zu identifizieren, um die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher zu verbessern.
Wie sehen Sie die australische Zahnheilkunde im internationalen Vergleich?
Im Vergleich zum «National Health Service – NHS» in Großbritannien haben wir nur wenige, öffentlich finanzierte Behandlungen in unseren Privatpraxen. Ich denke auch, dass die öffentlichen, zahnärztlichen Programme oder die Finanzierung privater Behandlungen in Europa denen in Australien ähnlich, vielleicht sogar überlegen sind.