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Für Kleinkinder wird ein anderer Zugang benötigt als für Schulkinder oder gar Teenager.

Hat man es häufiger mit Kindern in der Zahnarztpraxis zu tun wird einem schnell klar, dass Umgang und Vokabular differenzierter zu betrachten sind, als wenn man es mit Erwachsenen zu tun hat. Neben der fachlichen Kompetenz rückt vor allem die Notwendigkeit von psychologischem und didaktischem Geschick in den Vordergrund.

Gastbeitrag von Elisabeth Kalczyk, BA, Dental Hygienist

Geht es bei jüngsten Patienten vor allem darum Ängste abzubauen und Vertrauen zu gewinnen, besteht die Herausforderung bei Jugendlichen eher darin sie von der Wichtigkeit ihrer Zahngesundheit zu überzeugen. Dabei darf man auch die Wirkung visueller und auditiver Eindrücke, die eine Zahnarztpraxis hinterlässt, nicht unterschätzen. Worte und nonverbale Botschaften können viel bewirken, aber unbedacht auch viel Schaden anrichten.

Bei Kleinkindern liegt der Fokus der Prophylaxe in der Zahnarztpraxis hauptsächlich auf Beratung zur Zahnpflege.  Ebenfalls sollte eine Sensibilisierung für die Bedeutung eines gesunden Milchgebisses im Mittelpunkt stehen. Das Kind kann so in entspannten Rahmen die Praxis kennenlernen. Bei der Behandlung von Kindergartenkinder müssen die Eltern noch stark in die Kommunikation miteingebunden werden, da die Aufmerksamkeitsspanne noch kurz und die Verständigung, je Entwicklungsstand und Alter des Kindes, noch eingeschränkt ist. Diese Tatsache sollte bei der Behandlungs- und Zeitplanung berücksichtigt werden.

Elisabeth Kalczyk, BA, Dental Hygienist – Studium der Dental Hygiene und Ausbildung zur diplomierten Fachtrainerin. Seit fast 30 Jahren in der zahnärztlichen Assistenz und Prophylaxe tätig gewesen. Ihre Tätigkeit im Gesundheitswesen erstreckt sich von Lehrlingsuntersuchungen, betriebliche Gesundheitsförderung, Gruppenprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen, Mitarbeit bei Gesundheitsmessen bis zu Prävention- und Gesundheitsprojekten aller Art. Masterstudium in Gesundheitsmanagement und Public Health.

Vorbildwirkung der Eltern und die Ritualisierung der täglichen Zahnpflege kommen in dieser Altersstufe einer großen Bedeutung zu. Kinder in diesem Alter sind meist noch nicht in der Lage ihre Zähne effizient zu putzen. Trotzdem sollte man ihre Eigenständigkeit fördern und sie auch selbst machen lassen. Das Nachputzen ist unbedingt erforderlich und kann zum Beispiel mit dem Satz: „Ich schau nach, ob alles sauber ist,“ begleitet werden. Im Volkschulalter kommen die Kinder bereits mit weniger Unterstützung aus. Sie wissen meist schon, was von ihnen erwartet wird. Trotzdem fällt es ihnen noch immer schwer sich übermäßig lang zu konzentrieren. Sobald Kinder flüssig schreiben können, sind sie auch motorisch in der Lage ihre Zähne selbst zu putzen. Eine Kontrolle ist dennoch nach wie vor sinnvoll.

Im Umgang während der Prophylaxesitzung und Behandlung, vor allem bei kleineren Kindern, hat es sich bewährt das Vokabular für Kinder zu modifizieren. Statt „Multifunktionsspritze“ kann man „Zahnföhn“, statt „Speichelzieher“ „Staubsauger“ und statt „Watterolle“ „Zahnpolster“ sagen, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch die Methode „Tell, Show, do“ hat nach wie vor ihre Gültigkeit.

Kinder mit Bildern, Geschichten oder interessanten Gegenständen abzulenken, ist auch eine Möglichkeit, um eine entspannte Atmosphäre zu gestalten. „Wer nicht hören will, muss fühlen.“ Dieser Satz ist wohl vielen bekannt. Rein wörtlich genommen steckt in dieser Aussage ein wahrer Kern, denn Hören und Fühlen stehen tatsächlich in Verbindung. Und: Die emotionale Wirkung von Klängen und Geräuschen hat wohl jeder von uns schon mal selbst erlebt. Sei es der nervige Baustellenlärm oder Lieder, die man mit bestimmten Ereignissen in Verbindung bringt. Daher empfiehlt es sich, Kindern und Jugendlichen während der Prophylaxesitzung Kopfhörer aufzusetzen und Hörspiele oder auch die Lieblingsmusik abzuspielen.

Als Teenager muss man sich nicht nur mit körperlichen, sondern auch psychischen Veränderungen auseinandersetzen. Nicht von ungefähr kommt der Satz: „Pubertät ist, wenn Eltern anfangen komisch zu werden“. Zu diesem Zeitpunkt ist alles andere wichtiger, als sich um seine Zahngesundheit zu kümmern. Nicht umsonst zählen Jugendliche zu der Gruppe von Risikopatienten. Hormonelle Umstellung, vernachlässigte Mundhygiene und ein verändertes Essverhalten führen gerade in dieser Phase vermehrt zu Problemen. Unter Teenager befindet sich außerdem ein hoher Anteil an KFO Patienten.

Nicht vergessen darf man die Prävalenz der Essstörungen bei 11- bis 17-Jährigen. Laut einer Studie des Robert-Koch Institut liegt bei jedem fünften Jugendlichen der Verdacht auf Anorexia nervosa und Bulimie vor, wobei überwiegend Mädchen davon betroffen sind. Entsprechend wichtig ist es Jugendliche ernst zu nehmen und auf Augenhöhe zu begegnen, weshalb auch die Kommunikation, Motivation und das Verständnis gerade auch in dieser Altersklasse einen hohen Stellenwert hat.

In Umgang mit Kindern und Jugendlichen sollte man sich jedenfalls immer bewusst machen, dass jede Altersgruppe für sich, ob Kleinkind, Kindergartenkind, Volkschulkind oder Teenager, spezifische Eigenschaften und Besonderheiten aufweisen. Sich mit den unterschiedlichen Verhalten und Bedürfnisse der Kinder in den unterschiedlichen Entwicklungsstufen in der täglichen Praxis auseinanderzusetzen, ist sicher eine Herausforderung und setzt Empathie, Wissen über die entwicklungspsychologischen Unterschiede und vor allem Geduld voraus. Trotzdem ist dies notwendig, um Vertrauen aufzubauen und Ängste abzubauen. Denn eins dürfen wir nicht vergessen: Gerade Kinder sind keine kleine Erwachsene!

www.prophywissen.at

 

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