Dienstag, Juli 16, 2024
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Beschwerdemanagement in der Praxis

Der Umgang mit Reklamationen gehört zu den unangenehmen Aufgaben in einer Zahnarztpraxis. Geht man mit Beschwerden jedoch proaktiv um, so kann dies die Zufriedenheit und Treue der Patienten sogar verbessern.

Wo gehobelt wird, fallen Späne“ lautet ein bekanntes Sprichwort. Und in der Tat gehören Missverständnisse und Irrtümer zum Alltag, auch in der Zahnarztpraxis. „Es kann passierten, darf aber nicht!“, lautet das Motto. Aber was ist, wenn es doch geschieht? Es mag widersprüchlich klingen, doch das Vorbringen von Beschwerden ist ein überaus positives Zeichen, behalten in der Regel acht von zehn Kunden ihre Unzufriedenheit für sich und wechseln kommentarlos zur Konkurrenz. Gerade in der Zahnmedizin ist eine klar geäusserte Reklamation Ausdruck des Vertrauens des Patienten, und mag dieses im Moment etwas angeschlagen sein, es ist zweifellos weiterhin vorhanden. Auf eine Beschwerde einzugehen und ein Problem loslösen ist in diesem Sinne der grösste Beweis dafür, dass die Zufriedenheit des Patienten für den Zahnarzt und das ganze Praxisteam von besonderer Bedeutung ist. Nachfolgend ein Leitfaden, dessen Schritte helfen sollen, eine Beschwerde erfolgreich zu handhaben.

1. Zuhören und ausreden lassen
Den Patienten immer ausreden lassen und diesen auf keinen Fall unterbrechen, mag die Beschwerde unbegründet sein. Für den Patienten ist dieses Unbehagen Realität, und die so wichtige Mund-zu-Mund Propaganda hängt von genau dieser subjektiven Zufriedenheit ab. Oftmals sucht der Patient nur jemanden, der ihm etwas Aufmerksamkeit schenkt und zuhört. Das Gefühl kennt wohl jeder: Hat man erst mal Dampf abgelassen, so sieht die Welt schon wieder etwas rosiger aus.

2. Zusammenfassen
Hat sich der Patient erst mal Luft verschafft, so ist es sinnvoll, dessen Problem in eigenen Worten zusammen zu fassen. Ganz im Sinne von „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, so …“ Damit wird dem Patienten bekundet, dass man ihm nicht nur zugehört, sondern auch verstanden hat. Die Zusammenfassung bietet zudem die Möglichkeit, einzelne Einwände in eigenen Worten zu relativieren und abzuschwächen.

3. Verständnis zeigen
Reklamationen haben oft auch damit zu tun, dass sich ein Patient nicht ernst genommen fühlt. Aus diesem Grund ist es wichtig, Verständnis zu zeigen, nicht so sehr für den Einwand an und für sich – schliesslich muss dieses erst abgeklärt werden – sondern für das Unbehagen, das der Patient empfindet. Damit wird das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, vermindert und gleichzeitig das angeschlagene Vertrauen wieder aufgebaut.

4. Danke sagen
Hand in Hand mit dem vorangegangenen Punkt sollte man dem Patienten seine Dankbarkeit äussern. Acht von zehn unzufriedenen Kunden wandern, wie eingänglich bereits erwähnt, stillschweigend ab, der Ausdruck einer Beschwerde ist eigentlich die Bestätigung des Vertrauens, welches der Patient zu seiner Zahnarztpraxis hat. Abgesehen davon, dass Reklamationen helfen, die eigene Leistung fortlaufend zu verbessern. Aus diesem Grund ist ein Dankeschön immer angebracht.

5. Um Verzeihung bitten
Wie ebenfalls bereits erwähnt, hängt der Erfolg einer Zahnarztpraxis vom Patienten und dessen subjektiver Zufriedenheit ab. Basierend auf dieser Tatsache sollte man immer und auf jeden Fall um Verzeihung bitten. Es geht dabei nicht darum, einen Fehler einzugestehen, sondern – ganz entscheidend bei diesem Schritt – sich für die Umstände und das Unbehagen zu entschuldigen. Und: Für einen verärgerten Patienten handelt es sich beim Wort „Verzeihung“ um den absoluten Schlüsselbegriff, wartet dieser oftmals nur darauf ein „bitte entschuldigen Sie“ zu hören, um sich zu entspannen.

6. Erinnerung auffrischen
Handelt es sich um einen langjährigen Patienten, so sollte man versuchen während des Gespräches positive Erfahrungen aus der Vergangenheit in Erinnerung zu rufen. Im Sinne von „bisher hatten wir ja eine wirklich tolle Zusammenarbeit …“ Damit wird der vorhandene Ärger durch die positiven Erinnerungen und Sensationen abgeschwächt, wenn nicht sogar aufgewogen.

7. Schriftliche Annahme
Es muss nicht ein amtlich-behördliches Schreiben sein, ein selbst erarbeitetes A4-Blatt reicht völlig aus, um eine Beschwerde praxisintern zu protokollieren. Mit der schriftlichen Annahme einer Beschwerde werden zwei Ziele verfolgt: Einerseits beweist man dem Patienten, dass man seine Reklamation ernst nimmt, andererseits dient das Formular zur internen Beschwerdeabwicklung und hilft, dass die Beanstandung nicht untergeht.

8. Diskretion
Eine Reklamation hat, wie bereits mehrfach erwähnt, viel mit Vertrauen zu tun, und dieses geht Hand in Hand mit der Diskretion. Bei Beschwerden und Gesprächen mit unzufriedenen Patienten sollte die Verschwiegenheit immer gewahrt sein. Konkret heisst dies, dass entsprechende Unterhaltungen nicht am Empfangsschalter geführt werden dürfen, sondern im Büro des Chefs oder, wenn nichts anderes vorhanden ist, in einem freien Behandlungszimmer, bei geschlossener Türe. Die Diskretion ist im Interesse beider Parteien: Dem Patienten hilft sie, sich vertrauensvoller und ehrlicher auszudrücken, die Praxis vermeidet, dass andere Besucher von der Beschwerde erfahren.

9. Zeitnah agieren
Entscheidender Faktor bei einer Beschwerde ist jdie Zeitspanne, in welcher eine Antwort gegeben wird. Gerade in der Zahnmedizin kann nicht immer eine sofortige Lösung angeboten werden, etwa bei einem komplizierten Eingriff. Die Antwort respektive der Lösungsvorschlag sollte jedoch in zwei, drei Arbeitstagen erfolgen, maximal innerhalb einer Woche. Verschleppt sich die Lösung, so wird die Unzufriedenheit des Patienten nur noch verstärkt. Die Folgen sind katastrophal, verbreitet sich negative Mundpropaganda wie ein Buschfeuer!

10. Nie schlecht über jemanden reden
Nicht nur gegenüber den Beschwerden von Patienten (extern), sondern auch bei Problemen und Reklamationen innerhalb des Teams (intern) gilt die Regel nie schlecht über jemanden zu reden – und sei es in einem Zwiegespräch zwischen zwei Arbeitskollegen. Irren ist menschlich, ein Fehler kann schliesslich jedem widerfahren. Vertrauen und Stimmung werden kaum schlimmer untergraben, als wenn man mitbekommt, dass schlecht über eine andere Person gesprochen wird. Denn dann denkt man automatisch: „Wie wird wohl über mich geredet?“

Daniel Izquierdo-Hänni
Daniel Izquierdo-Hänni
Der Schweizer Marketing- und Kommunikationsprofi Daniel Izquierdo-Hänni ist seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn auch journalistisch tätig, die Dentalbranche kennt er seit über fünfzehn Jahren bestens. Unter anderem gibt er seit über zehn Jahren Kurse zu den Themen Praxismarketing und Patientenkommunikation in der Zahnmedizin. Als Autor beim Dental Journal kann er seine beiden Kompetenzfelder ideal miteinander verbinden. Privat und beruflich pendelt er zwischen seiner ehemaligen Heimatstadt Basel und seinem Wohnort Valencia/Spanien hin und her.
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