StartPodcastSchnarchen und Schlafapnoe – Wie Zahnärzte helfen können

Schnarchen und Schlafapnoe – Wie Zahnärzte helfen können

DDr. Malina erklärt die Rolle der Zahnärzte bei der Behandlung schlafbezogener Atmungsstörungen und stellt effektive Therapieansätze wie die Protrusionsschiene vor.

In diesem Interview geht es um das Schnarchen und seine gesundheitlichen Folgen. Kieferchirurg DDr. Johann Malina erklärt, welche Rolle Zahnärzte bei der Erkennung und Behandlung schlafbezogener Atmungsstörungen spielen können, und stellt Therapiemöglichkeiten wie die Unterkiefer-Protrusionsschiene und den STOP-BANG Test vor.

dental JOURNAL: Es geht um ein Thema, das viele betrifft: Schnarchen und wie Zahnärzte dabei helfen können. Bei mir ist DDr. Johann Malina aus Zürich.
DDr. Johann Malina: Ich bin in der Clinic Profilance tätiger Mund-Kiefer- und Gesichtschirurg. Eines meiner Spezialgebiete ist die Schlafmedizin – also die Behandlung von Schnarchen und schlafbezogenen Atmungsstörungen wie der obstruktiven Schlafapnoe. Besonders fasziniert mich die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen wie der Schlafmedizin, Pneumologie und HNO-Heilkunde. Das macht die Arbeit abwechslungsreich und wir können den Patienten ganzheitlich helfen.

Sie sind Zahnarzt, und die Schnarchtherapie ist eine Art Spezialisierung von Ihnen. Warum sollten sich Zahnärzte überhaupt mit dem Thema Schnarchen auseinandersetzen?
Tatsächlich sind Schnarchen und schlafbezogene Atmungsstörungen sehr weit verbreitet. Etwa 50 Prozent der Männer schnarchen, und ungefähr 13 Prozent leiden an einer obstruktiven Schlafapnoe. Auch bei Frauen gibt es viele Fälle, wenn auch etwas weniger. Wir als Zahnärzte haben eine wichtige Rolle, weil wir unsere Patienten regelmäßig sehen. Wir haben die Möglichkeit, erste Anzeichen zu erkennen und die Patienten auf eine mögliche Therapie aufmerksam zu machen. Eine solche Therapie kann beispielsweise eine UK-Protrusionsschiene sein, die die Position des Unterkiefers während dem Schlafen stabilisiert und ihn nach vorne schiebt, um die Atemwege zu öffnen.  Sie ist eine konservative Behandlungsmöglichkeit, die neben der CPAP-Maske zum Einsatz kommt (Continuous Positive Airway Pressure). Die CPAP-Maske, die mit kontinuierlichem Luftdruck arbeitet, ist zwar der Goldstandard, aber die Schiene ist eine großartige Alternative – insbesondere für Patienten, die die Maske nicht vertragen. Die Schiene schiebt oder zieht den Unterkiefer nach vorne und verbessert so den Luftfluss, indem sie die oberen Atemwege offenhält. Sie ist besonders effektiv bei leichten bis mittelschweren Fällen und bietet eine gute Lösung für viele Patienten, die schnarchen und unter Tagesmüdigkeit und Energiemangel leiden.

Viele Patienten wissen wahrscheinlich gar nicht, dass sie an Schlafapnoe leiden. Gibt es eine einfache Methode, um das festzustellen?
Viele wissen es tatsächlich nicht, vor allem, wenn sie alleine leben oder der Partner tief schläft. Zum Glück gibt es inzwischen sehr gute Screening-Methoden. Ein gutes Beispiel ist der STOP-BANG Test. Der Test ist eine einfache Methode – auch für Zahnärzte, um das Risiko für eine Schlafapnoe einzuschätzen.

STOP-BANG – was bedeutet das?
Sie Schlafapnoe ist eine der grössten Risikofaktoren für Kraftfahrzeugunfälle. Wenn jemand unter Sekundenschlaf leidet und dadurch auf die Gegenfahrbahn gerät, geht uns das alle an. Als Zahnärzte sollten wir hier unsere Verantwortung wahrnehmen. Der STOP-BANG Test besteht aus acht Fragen, die verschiedene Risikofaktoren abdecken. Der Name ist ein Akronym, bei dem jede Buchstabe für ein Kriterium steht:

 

S für „Snoring“ – Schnarchen: Schnarcht der Patient laut?
T für „Tired“ – Müdigkeit: Fühlt der Patient sich tagsüber oft müde oder erschöpft?
O für „Observed“ – Beobachtete Atemaussetzer: Hat jemand beobachtet, dass der Patient im Schlaf Atemaussetzer hat?
P für „Pressure“ – Bluthochdruck: Hat der Patient einen hohen Blutdruck?

Das sind die ersten vier Kriterien. Dann kommen die weiteren vier:

B für „BMI“ – Body Mass Index: Liegt der BMI über 35? Adipositas erhöht das Risiko.
A für „Age“ – Alter: Ist der Patient älter als 40 Jahre?
N für „Neck circumference“ – Halsumfang: Ist der Halsumfang größer als 40 cm? Ein dicker Hals kann ein Anzeichen sein.
G für „Gender“ – Geschlecht: Männer haben ein höheres Risiko für Schlafapnoe.

Wenn drei oder mehr dieser Kriterien zutreffen, besteht ein erhöhtes Risiko für Schlafapnoe, und der Patient sollte weiter untersucht werden. Der Test ist wirklich einfach und schnell durchzuführen – und kann schon viel über das Risiko aussagen.

Das klingt nach einem sehr nützlichen Tool! Wenn man jetzt einen Verdacht hat, was passiert als Nächstes?
Wenn der Verdacht auf Schlafapnoe besteht, arbeiten wir eng mit Schlafmedizinern zusammen, die dann eine genaue Diagnose stellen. Der Schlafmediziner führt beispielsweise eine Schlafuntersuchung durch, um zu sehen, wie viele Atemaussetzer es gibt und wie schwer die Schlafapnoe ist. Danach besprechen wir, welche Therapie am besten geeignet ist – sei es die CPAP-Maske, eine Protrusionsschiene oder gegebenenfalls eine Operation. Im Ärztehaus Fluntern haben wir dafür unsere interdisziplinäre Schnarchsprechstunde, wo der Patient von einem Schlaf- und einem Zahnmediziner gemeinsam mit einem Hals-Nasen-Ohren Facharzt gesehen wird.

Müssen die Patienten diese Schiene dann ein Leben lang tragen?
In den meisten Fällen, ja. Schlafapnoe ist eine chronische Erkrankung, und die Schiene oder die CPAP-Maske sind Dauerlösungen. Es gibt jedoch Fälle, in denen Gewichtsabnahme oder eine Operation beispielsweise zur Verbesserung Nasenatmung oder zur Korrektur einer Dysgnathie helfen können, die Situation dauerhaft zu verbessern.

Wenn Kollegen das Gefühl haben, dass einer ihrer Patienten betroffen sein könnte, was raten Sie ihnen?
Ich empfehle Kollegen, sich mit den einfachen Screening-Methoden wie dem STOP-BANG Test vertraut zu machen. Wenn ein erhöhtes Risiko festgestellt wird, können die Patienten entweder an Schlafmediziner oder an spezialisierte Zahnärzte wie mich überwiesen werden. Außerdem wäre es hilfreich, Informationsmaterial im Wartezimmer auszulegen, um Patienten zu sensibilisieren.

Kontakt:
Clinic Profilance

Ärztehaus Fluntern
Zürichbergstrasse 70
8044 Zürich
profilance@hin.ch
www.profilance.ch
+41 44 797 50 05

Oliver Rohkamm
Oliver Rohkamm
Immer auf der Suche nach neuen zahnmedizinischen Innovationen. Hat ein Faible für alles, was mit dem digitalen Workflow in der Zahnmedizin zu tun hat. Zusätzlich interessiert er sich für Computer und alles was zwei Räder hat. In der Freizeit ist er vor allem auf dem Motorrad, Rennrad oder Mountainbike zu finden.
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